Ulrici gab in seinem Referat einen straffen Überblick hin- sichtlich der im Forschungsverbund regelmäßig abstim- mungsbedürftigen Fragen der Zuweisung vorhandener und entstehender Schutzrechte (sog. background IP und foreground IP) und wies auf die de lege lata diesbezüglich bestehenden Gestaltungsschwierigkeiten hin. Eine beson- dere Herausforderung stelle die Koordination von Ver- bund- und Beschäftigungsebene unter Beachtung der zwin- genden Vorgaben dar (vgl. § 22 ArbNErfG). Die bei der Gestaltung des Kooperationsvertrags in praxi häufig vorge- nommene gesonderte vertragliche Bindung des Forschers gegenüber den ihn nicht anstellenden Verbundpartnern sei regelmäßig kein geeigneter Lösungsansatz. Die Schaffung einer wissenschafts-adäquaten Rechtsform könne zur Lösung jedenfalls eines Teils der von der Praxis ausgemach- ten Probleme beitragen.
Die sich dem Referat anschließende Erörterung be- handelte zunächst praktische Schwierigkeiten und das Für und Wider einer eingangs zu treffenden Regelung zun Umgang mit foreground IP (dazu I.). Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Position des Forschers im Ko- operationsverhältnis (dazu II.).
Eberbach leitete die Diskussion mit der Feststellung ein, den Zeitraum der Forschungsarbeit präge die Fokus- sierung auf gemeinschaftlichen Wissensgewinn. Es schließe sich jedoch unmittelbar die Frage nach dem Umgang mit den gewonnenen Erkenntnissen, insbeson- dere ihrer Verteilung und Verwertung, an. Insoweit be- dürfe es einer Ergänzung der bislang vordergründig be- handelten Phase der gemeinsamen Schaffung von Wis- sen um eine Grundausrichtung zum Aspekt der Ergebnisverwendung.
I.
Der erste Diskussionsteilnehmer griff die im Referat ange- klungene Vorstellung auf, der Umgang mit foreground IP (also den im Rahmen des Kooperationsprojekts entstehen- den IP-Rechten) müsse – als „Merkposten“ – bei der Ver- handlung des Kooperationsvertrags Berücksichtigung fin- den. Er fragte, welche konkreten inhaltlichen Regelungen damit gemeint seien. In der Praxis sei man bei Eingang der Kooperation nämlich regelmäßig bestrebt, die Regelungen
zur foreground IP möglichst allgemein zu halten und ihre genaue Klärung auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern. Hierfür würden tatsächliche wie rechtliche Erwägungen sprechen.
Zum einen könnten die Forschenden naturgemäß nicht absehen, über die Verwertung welcher Ergebnisse man sich zu einigen habe. Weiter seien die Forscher selbst zwar primäre Treiber der Kooperationsleistungen, ihr Interesse an den Er- gebnissen sei jedoch in erster Linie publikationsbezogen. Ver- teilung und Verwertung derselben stehe bei Aufnahme der Kooperationstätigkeit mithin nicht im Vordergrund. Die Fi- nanzabteilungen außeruniversitärer Forschungseinrichtungen würden zum zweiten regelmäßig darauf drängen, Verwer- tungsregeln vom Kooperationsvertrag zu trennen und geson- dert zu verhandeln. Drittens würde eine Regelung betreffend die Verwertung entstehender IP-Rechte im Ko-operationsver- trag – jedenfalls bei Kooperationen mit gewissem Institutiona- lisierungsgrad – eine Qualifizierung als Außen-GbR geradezu provozieren.
Ulrici rekurrierte in seiner Gegenrede auf das Idealbild einer Forschungskooperation, welches von der Vorstellung gekennzeichnet sei, dass die Forschungsarbeit gemeinsam geleistet werde, während die Verwertung der gewonnenen Ergebnisse getrennt erfolge. Dementsprechend sei sein im ReferaterhobenerAufrufzurRegelungderIP-Rechteim Kooperationsvertrag nicht hinsichtlich ihrer Verwertung, sondern (nur) hinsichtlich ihrer Verteilung auf Verbunde- bene zu verstehen gewesen.
Für eine im Vorhinein getroffene Verteilungsregel spreche entscheidend die Gerechtigkeit der Chancen- und Risikoverteilung.DieEingehungeinerForschungskoopera- tion sei für alle Beteiligten risikobehaftet. Die durch die Er- bringung der (gesellschafts-) vertraglich definierten Beiträ- ge übernommenen Risiken gewährten jedem Kooperati- onspartner Anspruch auf Partizipation. Würden nun aber gleiche Risiken übernommen, so stünden den Partnern dem Grunde nach auch gleiche Partizipations- bzw. Frucht- ziehungsrechte zu. Der insofern gebotene wirtschaftliche Ausgleich durch Verteilungsregeln könne sinnvollerweise nur im Vorhinein erfolgen, da sich die Verhandlungsstärke eines Kooperations-partners anderenfalls im Laufe der Zu- sammenarbeit zu Lasten des oder der anderen Verbund- mitglieder verschieben könnte. Würde beispielsweise von
Lennart Göbel
Diskussionsbericht zum Vortrag von Dr. Bernhard Ulrici: Geistiges Eigentum in Forschungsverbünden
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
160 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2018), 159–160
einemKooperationspartner(seiesderHochschulpartner oder eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung) der Großteil des wissenschaftlichen Personals gestellt, so würde die von Gesetzes wegen (ArbNErfG) bestehende Rechteal- lokation bei diesem (Anstellungs-) Kooperationspartner zwangsläufig zu einer Verzerrung der Machtverhältnisse bei anschließenden Verteilungsverhandlungen auf Verbun- debene führen und sich so auf die Sachgerechtigkeit und Fairness der zu treffenden Regelungen auswirken.
II.
Die folgende Wortmeldung lenkte die Diskussion auf die (gesellschaftsvertragliche) Stellung des Forschers in der wissenschaftlichen Kooperative. Interessant sei hier zum einen die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft des Forschenden und ob das Beschäftigungsverhältnis pri- vat- oder öffentlich-rechtlich einzuordnen sei. Gerade im beamtenrechtlichen Beschäftigungsverhältnis sei eine privatautonome Zuordnung entstehender Rechte schwer zu erreichen.
Weiterhin meinte der Teilnehmer, die Rolle des For- schenden im Kooperationsvertrag müsse noch genauer erörtert werden. Dieser sei in persona in den Vertrag ein- zubeziehen, um im Laufe der Zusammenarbeit auftre- tende (Sach-) Probleme besser adressieren zu können, sowohl was die Rechte des Forschers gegenüber der Ko- operation als auch das umgekehrte Verhältnis angehe. Beispielhaft wurde die gewissensgeleitete Verweigerung eines Wissenschaftlers zur Fortführung der Forschungs- arbeit genannt.
Die Antwort Ulricis konzentrierte sich auf den zuerst angesprochenen Aspekt. Auch er habe das Problem der gesetzlich determinierten Rechtezuordnung auf der Be- schäftigungsebene erkannt. In der Praxis versuche man der insbesondere für Forschungskooperationen als we-
nig sachgerecht empfundenen Regelung des § 42 ArbNErfG durch dreiseitige Vertragswerke beizukom- men. Mittel der Wahl sei eine gesonderte vertragliche Bindung des Forschenden gegenüber den am Beschäfti- gungsverhältnis nicht beteiligten Verbundpartnern. Ent- sprechende Regelungen müssten – nach seinem Dafür- halten – jedoch regelmäßig nichtig sein, da sie darauf zielten, die Folgen des § 42 ArbNErfG abzumildern, wenn nicht gar abzubedingen. Dies ließe sich gestalte- risch schlichtweg nicht erreichen, da die spezielle Rege- lung im ArbNErfG mit ihren (unliebsamen) Folgen ge- setzgeberisch intendiert und zwingend sei.1 Angesichts dessen müsse der Gesetzgeber davon überzeugt werden, jedenfalls (unter Beteiligung von Unternehmen) aus dem Anwendungsbereich des § 42 ArbNErfG zu neh- men. Dies wiederum sei potenziellen Wählern nur schwer vermittelbar und damit eine wenig erfolgsver- sprechende politische Aufgabe, würde eine entsprechen- de gesetzgeberische Intervention konträr den § 42 ArbNErfG zugrundeliegenden Wertungen doch augen- fällig den Interessen der Industriepartner dienen.
Letztlich bliebe somit nur der Weg über eine „Ge- samtreform“ – also die bereits in anderem Kontext ange- sprochene Möglichkeit der umfänglichen Einpassung von Forschungskooperationen in die vorgefundene Ge- setzeslage (in Abgrenzung zu einem nur punktuellen Eingriff des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Gesell- schaftsrechts) – oder aber derartige Friktionen seien als Ausdruck divergierender Wertungen hinzunehmen.
Lennart Göbel ist Doktorand am Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg. Sein Dissertationspro- jekt wird betreut von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Hommelhoff.
1 vgl. dazu bereits Ulrici, WissR 48 (2015), 318, 322 hinsichtlich der teleologisch gebotenen Anwendung des § 22 ArbNErfG im Ver- hältnis des Erfinders zu mit dem Anstellungspartner kooperieren- den Dritten.