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ÜBERSICHT I. Ein­lei­tung II. Hin­ter­grund und Gegen­stand der Unter­su­chung 1. Zur Bedeu­tung von Open Access 2. § 38 Abs. 4 UrhG 3. § 44 Abs. 6 BWLHG III. Unionsrechts‑, Ver­fas­sungs- und Bun­des­rechts­wid­rig­keit von § 44 Abs. 6 BWLHG 1. Unver­ein­bar­keit mit der EU-Urhe­ber­rechts­richt­li­nie 2. Feh­len­de Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Lan­des 3. Ver­stoß gegen die Publi­ka­ti­ons­frei­heit gem. Art. 5 Abs. 3 GG 4. Ver­stoß gegen Art. 14 und 12 GG 5. Ver­stoß gegen das urhe­ber­recht­li­che Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht gem. § 38 Abs. 4 UrhG IV. Fazit I. Ein­lei­tung Ein altes Sprich­wort sagt: Gut gemeint ist oft schlecht gemacht. Sel­ten hat es so zuge­trof­fen wie auf den vom baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­ge­setz­ge­ber ver­ord­ne­ten Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­zwang als Ver­such, den Open Access zu For­schungs­er­geb­nis­sen vor­an­zu­brin­gen. Denn zum einen ver­stößt die­se Rege­lung nicht nur gegen das Grund­ge­setz, wie auch der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof Baden-Würt­tem­berg in einer Vor­la­ge­ent­schei­dung gem. Art. 100 GG fest­ge­stellt hat,1 son­dern auch gegen das Uni­ons­recht und das Urhe­ber­rechts­ge­setz. Zum ande­ren aber, und das mag viel­leicht sogar noch schwe­rer wie­gen, arbei­tet der Staat hier mit ihm ver­trau­ten Zwangs­in­stru­men­ten in einem Bereich, der dafür men­tal so wenig zugäng­lich ist, wie kaum ein ande­rer. Die Rege­lung zeigt, dass die Geset­zes­ver­fas­ser trotz eines pau­scha­len Bekennt­nis­ses zur Wis­sen­schafts­frei­heit und Hochschulautonomie2 immer noch nicht ver­stan­den haben, wie Wis­sen­schaft „tickt“: Hier ent­ste­hen inhalt­li­che Pro­duk­te nicht durch Befehl und Gehor­sam, son­dern durch Frei­wil­lig­keit, Neu­gier­de und selbst­ge­ne­rier­te Moti­va­ti­on. II. Hin­ter­grund und Gegen­stand der Unter­su­chung 1. Zur Bedeu­tung von Open Access Unter Open Access wird der kos­ten­lo­se Zugang zu For­schungs­er­geb­nis­sen im Inter­net ver­stan­den. Dabei unter­schei­det man zwi­schen dem gol­de­nen und dem grü­nen Weg. Wäh­rend die erst­ge­nann­te Vari­an­te von einer Erst- oder Allein­ver­öf­fent­li­chung im Inter­net aus­geht, bedeu­tet der grü­ne Weg eine Online-Zweit­ver­öf­fent­li­chung eines zunächst andern­orts – i.d.R. in einer aner­kann­ten Print-Zeit­schrift – publi­zier­ten Beitrags.3 Mit die­sen Publi­ka­ti­ons­for­men hält die all­ge­gen­wär­ti­ge Digi­ta­li­sie­rung auch in der Wis­sen­schaft – jeden­falls, was die Wei­ter­ga­be und Dis­kus­si­on von For­schungs­er­geb­nis­sen betrifft – Ein­zug. Nicht zuletzt des­halb fühlt sich die Poli­tik schon seit eini­ger Zeit dazu auf­ge­ru­fen, dem Open Access den (recht­li­chen) Weg zu berei­ten. Dafür wird zunächst der „gefühl­te Gemein­gut­cha­rak­ter“ von For­schungs­er­geb­nis­sen ange­führt, die umso weni­ger dem jewei­li­gen Ent­de­cker gehö­ren dür­fen, des­to mehr die­ser und sei­ne For­schungs­in­fra­struk­tur aus öffent­li­chen Mit­teln finan­ziert sind.4 Die stark stei­gen­den Prei­se für aner­kann­te Print-Fach­zeit­schrif­ten tun ein Übri­ges, zumal deren Rol­le auch zuneh­mend kri­tisch als eine nicht mehr zeit­ge­mä­ße und olig­ar­chi­sier­te Struk­tur der Infor­ma­ti­ons­wei­ter­ga­be beäugt wird.5 Unter der Vol­ker M. Haug Open Access in Baden-Würt­tem­berg: Rechts­wid­ri­ger Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­zwang zwi­schen Urhe­ber- und Hoch­schul­recht* * Der Autor dankt Ass. iur Moritz Rah­mann für die Recher­che­un­ter­stüt­zung zu § 38 Abs. 4 UrhG. 1 VGH BW, 26.9.2017 – Az. 9 S 2056/16 – juris; zur Vor­ge­schich­te und zum VGH-Beschluss vgl. Löwisch, Streit um die Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht geht zum Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, OdW 2018, S. 43. 2 Vgl. die Ein­lei­tung des All­ge­mei­nen Teils der Geset­zes­be­grün­dung, LT-Drs. 15/4684, S. 164. 3 Die­se Zeit­schrift stellt ein Organ des gol­de­nen Weges dar; näher zu den bei­den Vari­an­ten Göt­tin­g/Lau­ber-Röns­berg, Open Access und Urhe­ber­recht, OdW 2015, S. 137 (143 f.); Feh­ling, Ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­ge­stal­tung von DFG-För­der­be­din­gun­gen zur Open-Access-Publi­ka­ti­on, OdW 2014, S. 179. 4 Beson­ders weit­ge­hend die Pira­ten­par­tei, vgl. (7.7.2018). 5 BT-Drs. 17/13423, S. 9; zur Pro­ble­ma­tik der Dop­pel­fi­nan­zie­rung durch öffent­li­che Arbeit­ge­ber in Form der Kos­ten für Gehäl­ter und For­schungs­in­fra­struk­tur einer­seits und in Form der Kos­ten für Lite­ra­tur­be­schaf­fung ande­rer­seits (sog. „dou­ble-dip­ping“) vgl. Göt­tin­g/Lau­ber-Röns­berg (Fn. 3), S. 137 (138); Pflüger/Ertmann, E‑Publishing und Open Access – Kon­se­quen­zen für das Urhe­ber­recht im Hoch­schul­be­reich, ZUM 2004, S. 436 (438, 439); zur Finan­zie­rungs­kri­se öffent­li­cher Biblio­the­ken s. Sprang, Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht – ein Plä­doy­er gegen § 38 Abs. 4 UrhG‑E, ZUM 2013, S. 461. Ord­nung der Wis­sen­schaft 2019, ISSN 2197–9197 9 0 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2019),89–96 6 Vgl. (7.7.2018). 7 Göt­tin­g/Lau­ber-Röns­berg (Fn. 3), S. 137 (138) m.w.N. 8 Blan­kenagel, AöR 2000, S. 70 (93 f.); BT-Drs. 17/13423, S. 9. 9 Zur Ent­wick­lung sowie zur dis­zi­pli­nä­ren Zuord­nung der ver­schie­de­nen wis­sen­schaft­li­chen Lager für oder gegen eine ver­stärk­te Nut­zung von Open Access für den wis­sen­schaft­li­chen Dis­kurs vgl. Sand­ber­ger, Die Zukunft wis­sen­schaft­li­chen Publi­zie­rens – Open Access und Wis­sen­schafts­schran­ke – Anmer­kun­gen zu den Kon­tro­ver­sen über die Wei­ter­ent­wick­lung des Urhe­ber­rechts, OdW 2017, S. 75 (76). 10 BGBl. 2013 I, S. 3728 ff. 11 Sop­pe, in: Ahlberg/Götting (Hrsg.), Beck­OK UrhG, 20. Ed. Stand 20.4.2018, § 38 Rn. 82; Sand­ber­ger (Fn. 9), S. 78 f. 12 BT-Drs. 17/13423, S. 9, 14; Sop­pe (Fn. 11), § 38 Rn. 59 f.; krit. zum Her­aus­fal­len der nor­ma­len „Dienst­for­schung“ an Hoch­schu­len die Stel­lung­nah­me des Bun­des­rats, BT-Drs. 17/13423, Anl. 3, S. 21 f.; Sand­ber­ger, Zweit­ver­wer­tungs­recht, ZUM 2013, S. 466 (470), und ders. (Fn. 9), S. 78, sieht in die­ser erheb­li­chen Ein­schrän­kung des Anwen­dungs­be­reichs des Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­rechts eine Dis­kri­mi­nie­rung der Hoch­schul­for­schung. 13 LT-Drs. 15/4684, S. 215; für eine ent­spre­chend erwei­tern­de Aus­le­gung Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger (Hrsg.), Pra­xis­kom­men­tar zum Urhe­ber­recht, 4. Aufl. 2014, § 38 UrhG, Rn.17 a.E.; dafür kann auch der Wort­laut her­an­ge­zo­gen wer­den, der die in der Geset­zes­be­grün­dung ent­hal­te­ne Ein­schrän­kung nicht wie­der­gibt. 14 Sop­pe (Fn. 11), § 38 Rn. 65.1. 15 Pei­fer, Die gesetz­li­che Rege­lung über ver­wais­te und ver­grif­fe­ne Wer­ke, NJW 2014, S. 6 (11); Feh­ling (Fn. 3), S. 185, spricht sich dafür aus, einen inter­na­tio­na­len Gel­tungs­an­spruch aus der Unab­ding­bar­keit gem. § 38 Abs. 4 S. 3 UrhG abzu­lei­ten. Wucht die­ser Argu­men­te droht etwas unter­zu­ge­hen, dass die tra­dier­ten Publi­ka­ti­ons­for­men nicht nur Nach­tei­le haben. So neh­men die Ver­la­ge und Fach­zeit­schrif­ten eine wich­ti­ge Qua­li­täts­si­che­rungs­funk­ti­on sowohl in inhalt­li­cher als auch in for­ma­ler Hin­sicht durch Peer-Review-Ver­fah­ren und Lek­to­rie­rung wahr, was zugleich eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung ihrer wis­sen­schaft­li­chen Repu­ta­ti­on dar­stellt. Hin­zu kommt, dass die Kos­ten­lo­sig­keit von Online­An­ge­bo­ten zwar der ent­spre­chen­den Men­ta­li­tät vor allem der Netz­ge­mein­de ent­spricht, zugleich aber den Wert von urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Wer­ken und Erkennt­nis­sen gerin­ger erschei­nen lässt.6 Außer­dem fällt jeden­falls ein Teil der Kos­ten auch bei einer (guten) Open Access-Publi­ka­ti­on an, nur nicht auf der Sei­te des Rezi­pi­en­ten, son­dern des Wis­sen­schaft­lers bzw. sei­ner Anstellungskörperschaft.7 Zugleich bie­tet Open Access gegen­über den tra­dier­ten Publi­ka­ti­ons­for­men auch Chan­cen. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se kür­ze­re Ver­öf­fent­li­chungs­zy­klen und damit eine höhe­re Aktua­li­tät, was den wis­sen­schaft­li­chen Aus­tausch – auf den For­schung exis­ten­zi­ell ange­wie­sen ist – beför­dert. Denn For­schung ist ein genu­in kom­mu­ni­ka­ti­ver Pro­zess; sie lebt von der Ver­brei­tung ihrer Erkennt­nis­se, die wie­der­um zu neu­en Ideen und Fol­ge­über­le­gun­gen füh­ren können.8 Aus die­sen Grün­den tut – wie so oft – auch bei Open Access eine dif­fe­ren­zier­te Betrach­tung Not.9 2. § 38 Abs. 4 UrhG Da vie­le wis­sen­schaft­li­che Autoren nach wie vor in den wis­sen­schaft­lich renom­mier­ten Fach­zeit­schrif­ten – die weit über­wie­gend in kos­ten­pflich­ti­ger Print-Form erschei­nen – ver­öf­fent­li­chen und dabei ihre Rech­te regel­mä­ßig an den jewei­li­gen Ver­lag abtre­ten, ist vor allem der grü­ne Weg in den Fokus der gesetz­ge­be­ri­schen Bemü­hun­gen gerückt. Um die­sen zu beför­dern, ent­hält § 38 UrhG seit 2014 einen neu­en Absatz 4,10 wonach jedem Autor ein unab­ding­ba­res Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht zusteht. Danach kann die akzep­tier­te Manu­skript­ver­si­on wis­sen­schaft­li­cher Bei­trä­ge, die im Rah­men einer min­des­tens zur Hälf­te mit öffent­li­chen Mit­teln geför­der­ten For­schungs­tä­tig­keit ent­stan­den sind, nach Ablauf von einem Jahr seit der Erst­ver­öf­fent­li­chung in Peri­odi­ka unter Anga­be deren Quel­le im Inter­net ver­öf­fent­licht wer­den. Die Ent­schei­dung über die Inan­spruch­nah­me die­ses Rechts liegt – sowohl hin­sicht­lich des „ob“ als auch des „wie“ – allein beim jewei­li­gen Urhe­ber. Lei­der lei­det die Norm zum einen an eini­gen Unklar­hei­ten, die letzt­lich mit den das Recht aus­üben­den Autoren „heimgehen“:11 Dies beginnt mit der „min­des­tens zur Hälf­te mit öffent­li­chen Mit­teln geför­der­ten For­schungs­tä­tig­keit“. Wäh­rend näm­lich die Begrün­dung des Gesetz­ent­wurfs zu § 38 Abs. 4 UrhG – unter Hin­weis auf das damit ver­bun­de­ne beson­de­re staat­li­che Inter­es­se – dar­un­ter (nur) eine öffent­li­che Pro­jekt­för­de­rung (z.B. pro­jekt­be­zo­ge­ne Sti­pen­di­en oder Pro­jekt­kos­ten­zu­schüs­se) oder eine insti­tu­tio­nell geför­der­te außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung versteht,12 knüpft § 44 Abs. 6 BWLHG – sehr viel wei­ter­ge­hen­der – aus­drück­lich an die nor­ma­le Dienst­tä­tig­keit von Hoch­schul­mit­ar­bei­tern an.13 Auch der Begriff der öffent­li­chen För­de­rung kann in beson­de­ren Fall­kon­stel­la­tio­nen frag­lich sein, etwa bei Ein­zel­pu­bli­ka­tio­nen aus unter­schied­lich finan­zier­ten Pro­jekt­pha­sen eines For­schungs­vor­ha­bens, bei pro­jekt­über­grei­fen­den Publi­ka­tio­nen oder bei inter­dis­zi­pli­nä­ren Ver­öf­fent­li­chun­gen durch meh­re­re Wis­sen­schaft­ler mit unter­schied­li­chen Forschungsfinanzierungshintergründen.14 Einen wei­te­ren Risi­ko­fak­tor bil­det die Fra­ge, ob § 38 Abs. 4 UrhG im Fall einer Erst­ver­öf­fent­li­chung in einer inter­na­tio­na­len Fach­zeit­schrift das ggf. aus­län­di­sche Ver­trags­sta­tut durch­bricht; eine zwin­gen­de Anwen­dung wie etwa in § 32b UrhG ist – trotz ent­spre­chen­der Kri­tik im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren – nicht ange­ord­net (was auch eine Ana­lo­gie ausschließt).15 Daher ist min­des­tens unge­wiss, ob und in- Haug · Open-Access in Baden-Würt­tem­berg 9 1 16 Instruk­tiv, aber auch ernüch­ternd sind die nähe­ren Über­le­gun­gen von Feh­ling (Fn. 3), S. 183 ff. 17 BT-Drs. 17/13423, S. 14. 18 Feh­ling (Fn. 3), S. 180; Sand­ber­ger (Fn. 12), S. 466 (470); danach ist die­je­ni­ge Fas­sung als „akzep­tiert“ anzu­se­hen, die erst nach dem Peer-Review-Ver­fah­ren in Abspra­che mit dem Ver­lag ent­stan­den ist und bereits die Ori­gi­nal-Sei­ten­zahl ent­hält. Letz­te­res erscheint, so wün­schens­wert es auch wäre, ange­sichts des Manu­skript­be­griffs und der zu die­sem Zeit­punkt bereits getä­tig­ten erheb­li­chen Inves­ti­tio­nen und der tan­gier­ten Grund­rechts­po­si­tio­nen des Ver­lags jedoch wenig halt­bar, vgl. BVerfG, 25.10.2002 – 1 BvR 2116/01 – juris, Rn. 22 ff.; Sprang (Fn. 5), S. 461 (465). 19 Antrag der Frak­ti­on Bünd­nis 90/Die Grü­nen, BT-Drs. 17/7031, S. 6. 20 BT-Drs. 17/13423, S. 10; Sop­pe (Fn. 11), § 38 Rn. 76. 21 Feh­ling (Fn. 3), S. 181. 22 Sprang (Fn. 5), S. 465; BGH, 27.7.2017 – I ZR 228/15 – juris, Rn. 24; offen gelas­sen in BVerfGE 142, S. 74 (112 f.). wie­weit sich aus­län­di­sche Ver­la­ge die­ses deut­sche Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht ent­ge­gen­hal­ten las­sen müssen.16 Zum ande­ren weist die Vor­schrift erheb­li­che Schwä­chun­gen des Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­rechts auf. Dies gilt für die Bezug­nah­me auf die „akzep­tier­te Manu­skript­ver­si­on“. Damit will der Gesetz­ge­ber die ver­le­ge­ri­sche Wei­ter­ver­ar­bei­tung – ins­be­son­de­re das Lay­out des Bei­trags – vom Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht des Autors trennen.17 So nach­voll­zieh­bar dies im Hin­blick auf die urhe­ber­recht­li­che Stel­lung der Ver­la­ge ist, so sehr wird damit das Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht ent­wer­tet. Denn damit wird nicht nur die wis­sen­schaft­lich sau­be­re Zitier­fä­hig­keit des zweit­ver­öf­fent­lich­ten Bei­trags erheb­lich erschwert, indem nur auf die Online-Fund­stel­le und nicht auf eine prä­zi­se Sei­ten­an­ga­be in der Fach­zeit­schrift Bezug genom­men wer­den kann. Viel­mehr fal­len dadurch auch der erst- und der zweit­ver­öf­fent­lich­te Text inso­weit aus­ein­an­der, als dass alle – nach dem Peer-Review­Ver­fah­ren, das der Bei­trags­an­nah­me („akzep­tiert“) vor­aus­geht – im Her­stel­lungs­ver­fah­ren der Erst­ver­öf­fent­li­chung (in den Druck­fah­nen) vor­ge­nom­me­nen Ände­run­gen, Kor­rek­tu­ren, Aktua­li­sie­run­gen und Ergän­zun­gen bei der Zweit­ver­öf­fent­li­chung unbe­rück­sich­tigt blei­ben müssen.18 Auch wenn die­se Ände­run­gen weni­ger gra­vie­rend als die­je­ni­gen im Peer-Review-Ver­fah­ren sein mögen, ist die­se gera­de für den wis­sen­schaft­li­chen Dis­kurs ermög­lich­te Zweit­ver­öf­fent­li­chung „für die Wis­sen­schaft von min­de­rem Wert“.19 In die­sel­be Rich­tung zielt die Kri­tik an der Jah­res­frist zwi­schen Erstund Zweit­ver­öf­fent­li­chung, die das Amor­ti­sa­ti­ons­in­ter­es­se des Ver­lags schützt20 und dadurch zugleich die Effek­ti­vi­tät des Zweit­ver­wer­tungs­rechts ange­sichts der Schnell­le­big­keit wis­sen­schaft­li­cher Ent­wick­lun­gen – nament­lich im natur­wis­sen­schaft­li­chen Bereich – emp­find­lich beeinträchtigt.21 Ange­sichts die­ser Unsi­cher­hei­ten und Effi­zi­enz­ver­lus­te kann nicht wei­ter erstau­nen, wenn die Nei­gung zur Inan­spruch­nah­me die­ses Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­rechts womög­lich hin­ter den Erwar­tun­gen zurück­bleibt. 3. § 44 Abs. 6 BWLHG Die im Rah­men des Drit­ten Hoch­schul­rechts­än­de­rungs­ge­set­zes vom 1.4.2014 (GBl. S. 99) geschaf­fe­ne Rege­lung des § 44 Abs. 6 BWLHG greift das vor­ste­hend beschrie­be­ne bun­des­recht­li­che Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht auf, um den Open Access-Gedan­ken vor­an­zu­brin­gen. So begrün­det die­se sys­te­ma­tisch bei den Hoch­schul­dienst­rechts­nor­men ver­an­ker­te Vor­schrift eine Soll-Pflicht der Hoch­schu­len, ihr jewei­li­ges wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal durch Sat­zung dazu zu ver­pflich­ten, ihr Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht gem. § 38 Abs. 4 UrhG wahr­zu­neh­men und die Bei­trä­ge geeig­ne­ten Hoch­schul-Repo­si­to­ri­en zur Ver­fü­gung zu stel­len. Beschränkt wird dies expres­sis ver­bis auf die im Rah­men der Dienst­auf­ga­ben erar­bei­te­ten Publi­ka­tio­nen. Die­se Vor­ga­be ver­stößt nicht nur, wie im Fol­gen­den zu zei­gen sein wird, gegen das Uni­ons­recht und in mehr­fa­cher Hin­sicht gegen das Grund­ge­setz, son­dern auch gegen das Urhe­ber­rechts­ge­setz. Sie ist damit unionsrechts‑, ver­fas­sungs- und bun­des­rechts­wid­rig. III. Unionsrechts‑, Ver­fas­sungs- und Bun­des­rechts­wid­rig­keit von § 44 Abs. 6 BWLHG 1. Unver­ein­bar­keit mit der EU-Urhe­ber­rechts­richt­li­nie Die Richt­li­nie 2001/29/EG des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates vom 22.5.2001 zur Har­mo­ni­sie­rung bestimm­ter Aspek­te des Urhe­ber­rechts und der ver­wand­ten Schutz­rech­te der Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft (UrhRL) hat aus­weis­lich ihres Erwä­gungs­grun­des 5 aus­drück­lich zum Ziel, gera­de der durch neue tech­ni­sche Publi­ka­ti­ons­for­men ver­grö­ßer­ten Gefahr einer stär­ke­ren Diver­si­fi­zie­rung des Urhe­ber­rechts ent­ge­gen­zu­wir­ken. Des­halb sind die „Aus­nah­men und Beschrän­kun­gen in Bezug auf das Ver­viel­fäl­ti­gungs­recht und das Recht der öffent­li­chen Wie­der­ga­be […] in die­ser Richt­li­nie erschöp­fend auf­ge­führt“ (Erwä­gungs­grund 32). Vor die­sem Hin­ter­grund sind die Urhe­ber­rechts­schran­ken in Art. 5 Abs. 2 und 3 UrhRL als abschlie­ßend zu verstehen.22 Art. 3 Abs. 1 UrhRL gibt den Mit­glied­staa­ten das aus­schließ­li­che Recht der Urhe­ber vor, über das „ob“ und das „wie“ der – wie auch immer gear­te­ten – öffent­li­chen Wie­der­ga­be und Zugäng­lich­ma­chung ihrer Wer­ke zu ent­schei­den. Hier­un­ter fällt auch die Open-Access­Pu­bli­ka­ti­on im Inter­net. Ein­schrän­kun­gen die­ses Rechts sind nur nach Maß­ga­be von Art. 5 Abs. 3 UrhRL mög- 9 2 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2019),89–96 23 BGH (Fn. 22), Rn. 24. 24 Völ­lig zutref­fend Feh­ling (Fn. 3), S. 187; a.A. Sprang (Fn. 5), S. 465, der sogar bereits dar­in eine Beschrän­kung sieht, dass dem Urhe­ber eine völ­li­ge Rechts­ent­äu­ße­rung zuguns­ten des Ver­lags nicht mög­lich ist; da aber kein Urhe­ber dazu gezwun­gen ist, von dem ver­blei­ben­den (Zweitveröffentlichungs-)Recht Gebrauch zu machen, über­zeugt dies nicht. 25 VGH BW (Fn. 1), Rn. 82. 26 Kraus­nick, Offe­ne Wis­sen­schaft? – Öffent­lich-recht­li­che Aspek­te der Dis­kus­si­on um Open Access und Open Data, in: Geis/ Winkler/Bickenbach (Hrsg.), Von der Kul­tur der Ver­fas­sung – Fest­schrift für Fried­helm Hufen zum 70. Geburts­tag, 2015, S. 367 (371 f., 378); Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels, Stel­lung­nah­me zum Ent­wurf eines Drit­ten Geset­zes zur Ände­rung hoch­schul­recht­li­cher Vor­schrif­ten des Lan­des Baden-Würt­tem­berg, (7.7.2018), S. 8; aus­drück­lich offen gelas­sen von VGH BW (Fn. 1), Rn. 75. 27 LT-Drs. 15/4684, S. 216. 28 LT-Drs. 15/4684, S. 215, führt aus: „Die Rege­lung trifft die Autorin­nen und Autoren in ihrer Eigen­schaft als Bediens­te­te des Lan­des, des­sen Mit­tel die For­schungs­tä­tig­keit und die dar­aus flie­ßen­de Publi­ka­ti­on ermög­licht haben.“ 29 VGH BW (Fn. 1), Rn. 85. 30 VGH BW (Fn. 1), Rn. 87; Kraus­nick (Fn. 26), S. 378; Pflüger/Ertmann (Fn. 5), S. 441, schla­gen für ihre Über­le­gung eines Publi­ka­ti­ons­zu­griffs­rechts der Hoch­schu­le auf Bei­trä­ge ihrer Mit­ar­bei­ter daher auch eine Ver­an­ke­rung im UrhG vor. 31 Zu den eher kri­ti­schen Per­spek­ti­ven wis­sen­schaft­li­chen Renom­mees sol­cher Repo­si­to­ri­en unter Ver­weis auf die wenig erfolg­rei­che His­to­rie von Uni­ver­si­täts­ver­la­gen Sand­ber­ger (Fn. 9), S. 82. 32 Kem­pen, in: Epping/Hillgruber, Beck­OK Grund­ge­setz, 37. Ed. Stand 15.5.2018, Art. 5 Rn. 182; Feh­ling (Fn. 3), S. 190 m. zahlr. Nachw.; Sand­ber­ger, Lan­des­hoch­schul­ge­setz Baden-Würt­tem­berg, 2. Aufl. 2015, § 44 Rn. 7; Kraus­nick (Fn. 26), S. 373. lich.23 Da § 44 Abs. 6 BWLHG (mit­tel­bar) eine zwin­gen­de Ver­pflich­tung wis­sen­schaft­li­cher Autoren zur Zweit­ver­öf­fent­li­chung vor­sieht, bewirkt die Vor­schrift – anders als der in Bezug genom­me­ne und nur ein Recht ein­räu­men­de § 38 Abs. 4 UrhG24 – eine Ein­schrän­kung der (Publikations-)Freiheit der betrof­fe­nen Urhe­ber. Damit aber stellt § 44 Abs. 6 BWLHG mate­ri­ell eine Urhe­ber­rechts­schran­ke dar,25 die nicht unter den abschlie­ßen­den Kata­log mög­li­cher Beschrän­kun­gen in Art. 5 Abs. 3 UrhRL sub­su­miert wer­den kann.26 Damit ver­stößt die Vor­schrift gegen das uni­ons­recht­li­che Urhe­ber­recht. 2. Feh­len­de Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Lan­des Aus Sicht der Geset­zes­be­grün­dung han­delt es sich bei § 44 Abs. 6 BWLHG – wie auch die sys­te­ma­ti­sche Ver­or­tung in der Ein­lei­tungs­vor­schrift zu den Per­so­nal­rechts­nor­men – um die Nor­mie­rung einer an die bun­des­ge­setz­li­che Opti­on des § 38 Abs. 4 UrhG anknüp­fen­den dienst­recht­li­chen Pflicht.27 Für das Lan­des­dienst­recht ist der Lan­des­ge­setz­ge­ber nach Art. 70 GG zustän­dig, da nur das Bun­des­dienst­recht (Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG) und das Sta­tus­recht u.a. der Lan­des­be­am­ten (Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG) der Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Bun­des unter­lie­gen. Die­se Sicht­wei­se ist in mehr­fa­cher Hin­sicht zu ober­fläch­lich. Zum Ers­ten geht es in § 44 Abs. 6 BWLHG – wie in §38 Abs. 4 UrhG – mate­ri­ell um eine Aus­ge­stal­tung des Urhe­ber­rechts, für die das dienst­recht­li­che Instru­men­ta­ri­um her­an­ge­zo­gen wird. Das ändert aber nichts dar­an, dass der Rege­lungs­ge­gen­stand urhe­ber­recht­li­cher Natur ist. Auch die Bezug­nah­me auf die Ent­ste­hung des Werks „im Rah­men der Dienst­auf­ga­ben“ ver­mag einen dienst­recht­li­chen Cha­rak­ter der Norm nicht zu begrün­den. Viel­mehr wird damit – wie die Begrün­dung auch verdeutlicht28 – nur das Tat­be­stands­merk­mal einer „min­des­tens zur Hälf­te mit öffent­li­chen Mit­teln geför­der­ten For­schungs­tä­tig­keit“ als eine von meh­re­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 38 Abs. 4 UrhG (zudem in einer gegen­über der dor­ti­gen Geset­zes­be­grün­dung erwei­tern­den Aus­le­gung, s.o.) sub­su­miert, was für die „Anknüp­fung“ an § 38 Abs. 4 UrhG erfor­der­lich ist. Zum Zwei­ten ver­kennt die Geset­zes­be­grün­dung ein klei­nes, aber ent­schei­den­des Detail: § 44 Abs. 6 BWLHG knüpft nicht an § 38 Abs. 4 UrhG an, son­dern schiebt ihm lan­des­recht­lich eine bun­des­recht­lich nicht vor­ge­se­he­ne Pflicht unter. Auch wenn die­se Pflicht dienst- oder hoch­schul­recht­lich begrün­det wird, schafft sie mate­ri­ell ein in die­sem Punkt modi­fi­zier­tes Urhe­ber­recht. Man kann es also dre­hen und wen­den wie man will, § 44 Abs. 6 BWLHG ist im Schwer­punkt – was maß­geb­lich ist29 – eine urhe­ber­rechts­ge­stal­ten­de Norm.30 Das Urhe­ber­recht ist jedoch der aus­schließ­li­chen Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Bun­des gem. Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG zuge­wie­sen, wes­halb § 44 Abs. 6 BWLHG gegen die grund­ge­setz­li­che Kom­pe­tenz­ord­nung ver­stößt und folg­lich ver­fas­sungs­wid­rig ist. 3. Ver­stoß gegen die Publi­ka­ti­ons­frei­heit gem. Art. 5 Abs. 3 GG Indem § 44 Abs. 6 BWLHG einen wis­sen­schaft­li­chen Autor (mit­tel­bar) zur Zweit­ver­öf­fent­li­chung unmit­tel­bar nach Ablauf der Jah­res­frist des § 38 Abs. 4 UrhG ver­pflich­tet und dafür sogar den Sat­zungs­ge­ber zur exak­ten Fest­le­gung des Ortes der Zweit­ver­öf­fent­li­chung – näm­lich ein Hoch­schul-Repo­si­to­ri­um nach § 28 Abs. 3 BWLHG31 – ermäch­tigt, wird dem Autor nicht nur die Ent­schei­dung über das „ob“, son­dern auch über das „wo“ und über das „wann“ die­ser Zweit­ver­öf­fent­li­chung abge­nom­men. Die­se Ent­schei­dun­gen bil­den jedoch den Kern der Publi­ka­ti­ons­frei­heit, die ihrer­seits einen Unter­fall der Wis­sen­schafts­frei­heit gem. Art. 5 Abs. 3 GG bildet.32 Die­se Frei­heit umfasst gera­de auch die nega­ti­ve Frei­heit, sich nicht vor­schrei­ben las­sen zu müs­sen, ob und wenn Haug · Open-Access in Baden-Würt­tem­berg 9 3 33 Eben­so Sand­ber­ger (Fn. 9), S. 79, mit zahlr. Nachw.; Feh­ling (Fn. 3), S. 190, benennt bei­spiel­haft die Bedeu­tung des sog. Impact­Fak­tors, und ver­weist außer­dem auf Miss­brauchs- und Ver­wir­rungs­po­ten­zia­le bei Zweit­ver­öf­fent­li­chun­gen im Inter­net (a.a.O., S. 191); a.A. Pflüger/Ertmann (Fn. 5), die eine Betrof­fen­heit von Art. 5 Abs. 3 GG ver­nei­nen, „sofern der Ort der Ver­öf­fent­li­chung noch wis­sen­schafts­ad­äquat ist“. 34 Ange­deu­tet von Mohr Sie­beck, vgl. LT-Drs. 15/4684, S. 336; ähn­lich auch HAW BW und vhw, LT-Drs. 15/4684, S. 335; Sand­ber­ger (Fn. 9), S. 79; Kraus­nick (Fn. 26), S. 379; inso­fern erscheint die Vor­stel­lung der Parallel(!)-Einreichung eines Bei­trags bei einem Hoch­schul­ser­ver und bei einer aner­kann­ten Fach­zeit­schrift eher unrea­lis­tisch, vgl. Pflüger/Ertmann (Fn. 5), S. 443. 35 Argu­men­ta­ti­ons­mus­tern, die die Wis­sen­schafts­frei­heit nur die­nend und daher die Publi­ka­ti­ons­pflicht nur als Schutz­be­reichs­be­gren­zung ver­ste­hen wol­len, hat das BVerfG zu Recht eine kla­re Absa­ge erteilt, vgl. Feh­ling (Fn. 3), S. 192 f. m.w.N.; dif­fe­ren­ziert ders. zur Fra­ge, ob sogar bereits in einer Abhän­gig­ma­chung öffent­li­cher Dritt­mit­tel von einer Open-Access-Zusa­ge eine Ein­griffs­wir­kung in die Publi­ka­ti­ons­frei­heit zukommt, a.a.O., S. 194 ff. 36 Zu den Gren­zen arbeits­zeit­recht­li­cher Zuord­nung von For­schungs­tä­tig­kei­ten vgl. Tho­mas Wür­ten­ber­ger, For­schung nur noch in der „Frei­zeit“? Eine Stu­die zur Arbeits­be­las­tung der Pro­fes­so­ren, For­schung & Leh­re 2003, S. 478–480. 37 Des­halb hat das BVerfG den Erfin­dungs­schutz aus­drück­lich dem Grun­de nach für unab­hän­gig von einem bestehen­den Arbeits­ver­hält­nis erklärt, BVerfG, 24.4.1998 – 1 BvR 587/88 – juris, Rn. 16 – 18. 38 Sand­ber­ger (Fn. 32), § 44 Rn. 7. 39 A.A. Feh­ling (Fn. 3), S. 197 f., wonach die Wis­sen­schafts­frei­heit in ihrer objek­tiv-recht­li­chen Dimen­si­on das kol­lek­ti­ve Inter­es­se an einem mög­lichst leich­ten Zugang zu For­schungs­er­geb­nis­sen zu erfas­sen ver­mag; aller­dings räumt er ein, dass die objek­tiv­recht­li­che Wis­sen­schafts­frei­heit nicht das sub­jek­ti­ve Abwehr­recht kon­ter­ka­rie­ren darf (a.a.O., S. 198 m.w.N.); des­halb ist auch der auf ein optio­na­les Zugriffs­recht der jewei­li­gen Hoch­schu­le zie­len­de Vor­schlag von Pflüger/Ertmann (Fn. 5), S. 441 f., ver­fas­sungs­recht­lich nicht halt­bar. ja, in wel­chen print- oder eben auch online-ver­öf­fent­lich­ten Zeit­schrif­ten oder Repo­si­to­ri­en ein Autor sei­ne Erkennt­nis­se publi­zie­ren muss. Auch der Ein­wand, dass im Fall einer Zweit­ver­öf­fent­li­chung die Ent­schei­dung über das „ob“ der Ver­öf­fent­li­chung bereits getrof­fen wor­den ist, ändert dar­an nichts: Die Publi­ka­ti­ons­frei­heit erfasst auch die Ent­schei­dung, wie oft eine Wie­der­ho­lungs­ver­öf­fent­li­chung erfolgt. Dahin­ter ste­hen die für Wis­sen­schaft­ler zen­tra­len Gesichts­punk­te der eige­nen Repu­ta­ti­on und der Publi­ka­ti­ons­re­zep­ti­on, die wesent­lich davon abhän­gen, wo (und ggf. war­um wie­der­ho­lend) ein Bei­trag publi­ziert wor­den ist.33 Noch wei­ter­ge­hend: § 44 Abs. 6 BWLHG könn­te sogar dazu füh­ren, dass baden-würt­tem­ber­gi­sche Hoch­schul­be­diens­te­te einen Stand­ort­nach­teil der­ge­stalt erlei­den, dass renom­mier­te Wis­sen­schafts­ver­la­ge im Hin­blick auf die Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht die Erst­ver­öf­fent­li­chung in ihren Publi­ka­ti­ons­rei­hen ableh­nen, da sie eine Ver­rin­ge­rung ihrer aus­schließ­li­chen Nut­zungs­rech­te an der Erst­ver­wer­tung befürch­ten müssen.34 Somit ist als Zwi­schen­er­geb­nis fest­zu­hal­ten, dass § 44 Abs. 6 BWLHG jeden­falls einen Ein­griff in die Publi­ka­ti­ons- und damit in die Wis­sen­schafts­frei­heit gem. Art. 5 Abs. 3 GG darstellt.35 Somit stellt sich die Fra­ge, ob die­ser Ein­griff gerecht­fer­tigt sein könn­te. Da Art. 5 Abs. 3 GG außer der Bin­dung an die Ver­fas­sung kei­ne Schran­ken­re­ge­lung ent­hält, kommt für eine Recht­fer­ti­gung nur eine ver­fas­sungs­im­ma­nen­te Schran­ke in Betracht. Dar­un­ter ver­steht man Grund­rechts­po­si­tio­nen ande­rer (was hier im Ver­hält­nis Staat/Wissenschaftler aus­schei­det) oder sons­ti­ge Rechts­gü­ter von Ver­fas­sungs­rang. Im Fall des § 44 Abs. 6 BWLHG bie­tet die Ent­wurfs­be­grün­dung zum einen das (etwas popu­lis­tisch klin­gen­de) Argu­ment an, dass ja der Staat die betrof­fe­nen For­schungs­bei­trä­ge durch sei­ne Per­so­nal­kos­ten­fi­nan­zie­rung über­haupt erst ermög­licht habe. Unab­hän­gig von der Fra­ge, wie und von wem im Ein­zel­nen ein über­zeu­gen­der Nach­weis dar­über zu füh­ren wäre, wel­che For­schungs­tä­tig­kei­ten inner­halb und außer­halb der Dienst­zeit erbracht wor­den sind,36 steht hin­ter die­sem Argu­ment die Vor­stel­lung einer unbe­schränk­ten Ver­fü­gungs­be­fug­nis des finan­zie­ren­den Staa­tes über die For­schungs­er­geb­nis­se der bei ihm beschäf­tig­ten Wis­sen­schaft­ler. Doch genau die­ser Ansatz kon­ter­ka­riert die ratio legis von Art. 5 Abs. 3 GG, die dem Wis­sen­schaft­ler einen wich­ti­gen Ent­schei­dungs­spiel­raum auch gegen­über dem ihn finan­zie­ren­den Staat ver­schaf­fen will. Des­halb kann die Arbeit­ge­ber­stel­lung gera­de nicht zur Recht­fer­ti­gung von Ein­grif­fen in die Wis­sen­schafts­frei­heit her­an­ge­zo­gen werden.37 Ins­be­son­de­re kann die staat­li­che Finan­zie­rung als sol­che kei­ne ver­fas­sungs­im­ma­nen­te Schran­ke darstellen.38 Ein wei­te­res in der Ent­wurfs­be­grün­dung ange­führ­tes Argu­ment stellt auf den ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Kul­tur­und Bil­dungs­auf­trag des Staa­tes ab, wor­aus eine Pflicht sei­ner Bediens­te­ten fol­ge, „für eine ange­mes­se­ne Ver­brei­tung der wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se zu sor­gen.“ So rich­tig dies in die­ser All­ge­mein­heit ist, so wenig kön­nen damit kon­kre­te Zwangs­vor­ga­ben zur Aus­übung der Publi­ka­ti­ons­frei­heit gerecht­fer­tigt wer­den. Das folgt bereits aus dem Grund­satz­cha­rak­ter die­ser Ver­brei­tungs­pflicht, die weder kon­kre­te Publi­ka­ti­ons­ver­pflich­tun­gen bezüg­lich bestimm­ter For­schungs­er­geb­nis­se noch eine pau­scha­le Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht begrün­den kön­nen, ohne die Wis­sen­schafts­frei­heit ad absur­dum zu führen.39 Viel­mehr bringt die­ser Grund­satz – ganz all­ge­mein – zum Aus­druck, dass Wis­sen­schaft ein genu­in kom­mu­ni­ka­ti­ver Pro­zess ist und des­halb auf einem Aus­tausch von For­schungs­er­geb­nis­sen basiert. Genau das ist aber auch all­täg­lich in allen Wis­sen­schafts­dis- 9 4 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2019),89–96 40 BGH, 27.9.1990 – I ZR 244/88 –, juris. 41 BGH, 27.9.1990 – I ZR 244/88 –, juris, Rn. 25, 26; Feh­ling (Fn. 3), S. 188; erheb­lich zu weit­ge­hend daher Pflüger/Ertmann (Fn. 5), S. 440. 42 Kraus­nick (Fn. 26), S. 373. 43 Sie­he dazu auch Feh­ling (Fn. 3), S. 204 f., der auf die kos­ten­mä­ßi­ge Rela­ti­vi­tät von Open-Access wegen Kos­ten­ver­la­ge­run­gen ver­weist. 44 Ähn­lich Sand­ber­ger (Fn. 9), S. 80; dies gilt erst recht, soweit der zur Grund­rechts­si­che­rung ver­pflich­te­te Staat die dor­ti­gen Schwie­rig­kei­ten durch Absen­kung der Biblio­theks­haus­hal­te das Pro­blem selbst ver­schärft, vgl. Pflüger/Ertmann (Fn. 5), S. 437. 45 Eben­so Sand­ber­ger (Fn. 32), § 44 Rn. 7. 46 Vgl. statt vie­ler: Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grund­ge­setz, 82. EL (Jan. 2018), Art. 14 Rn. 197 f. m.w.N.; Kraus­nick (Fn. 26), S. 374; BVerfG, 25.10.2002 – 1 BvR 2116/01 – juris, Rn. 24 m.w.N.; BVerfGE Bd. 31, S. 229 (Ls. 1). 47 Kraus­nick (Fn. 26), S. 374. 48 Zu den Anfor­de­run­gen an die Inhalts- und Schran­ken­be­stim­mung näher Papier (Fn. 46), Art. 14 Rn. 308 ff.; s. auch BVerfGE Bd. 31, S. 229 (Ls. 2). 49 Bör­sen­ver­ein (Fn. 26), S. 10. zipli­nen erfüllt, ohne dass es inso­weit diri­gis­ti­scher Vor­ga­ben des grund­rechts­ge­wäh­ren­den Staa­tes bedürf­te. Die in die­sem Zusam­men­hang gern zitier­te BGH-Ent­schei­dung zu den Gra­bungs­ma­te­ria­li­en, bei der ein Streit über Zugriffs­rech­te zwi­schen Wis­sen­schaft­lern (bzw. deren Erben) und der Hoch­schu­le zuguns­ten Letz­te­rer ent­schie­den wurde,40 führt in den hier rele­van­ten Fra­gen nicht wei­ter. Denn dort ging es nicht um geis­ti­ge Bei­trä­ge wie etwa Auf­sät­ze in Peri­odi­ka, son­dern um ver­kör­per­te For­schungs­da­ten in Gestalt von Gra­bungs­do­ku­men­ta­tio­nen und um amt­li­che Kor­re­spon­den­zen, wes­halb der BGH aus­drück­lich nicht das Urhe­ber­recht, son­dern das Sachen­recht zur Anwen­dung bringt. Ins­be­son­de­re sei die For­schungs­ar­beit eines Hoch­schul­leh­rers „nicht dar­auf gerich­tet, dem Dienst­her­ren Arbeits­er­geb­nis­se für sei­ne Zwe­cke zur (wirt­schaft­li­chen und/oder wis­sen­schaft­li­chen) Nut­zung zur Ver­fü­gung zu stel­len.“ Soweit der BGH in die­sem Kon­text eine Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht anspricht, betont er sowohl die Ein­zel­fall­ab­hän­gig­keit als auch die mög­li­che Über­la­ge­rung durch das Urheberrecht.41 Eben­so kann die Trans­pa­renz der For­schung nicht zur Recht­fer­ti­gung her­an­ge­zo­gen wer­den, weil die Aus­übung von Grund­rech­ten kei­nem gene­rel­len Trans­pa­renz­ge­bot unterliegt.42 Schließ­lich argu­men­tiert die Ent­wurfs­be­grün­dung mit der aus Art. 5 Abs. 3 GG abge­lei­te­ten Pflicht, „ein funk­tio­nie­ren­des und effi­zi­en­tes Wis­sen­schafts­sys­tem vor­zu­hal­ten“. Wenn­gleich auch die­ser Ansatz im Grun­de rich­tig ist, so ver­mag er doch den Ein­griff des § 44 Abs. 6 BWLHG eben­falls nicht zu tra­gen. Denn dies wür­de vor­aus­set­zen, dass ohne eine sol­che Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht das Wis­sen­schafts­sys­tem erheb­li­che Funk­ti­ons- und Effi­zi­enz­ein­bu­ßen auf­wei­sen wür­de. Der blo­ße Umstand, dass vie­le Biblio­the­ken die teu­ren Abon­ne­ments ver­schie­de­ner renom­mier­ter Fach­zeit­schrif­ten (nament­lich im natur­wis­sen­schaft­li­chen und inter­na­tio­na­len Bereich) mit den vor­han­de­nen Mit­teln nicht mehr voll­stän­dig finan­zie­ren kön­nen, kann dafür aber nicht ausreichen.43 Sonst läge die Ent­schei­dung über Grund­rechts­ein­grif­fe stets in der Hand des Staa­tes, durch eine Unter­fi­nan­zie­rung ein Funk­ti­ons- und Effi­zi­enz­de­fi­zit zu erzeu­gen. Viel­mehr bedingt die Grund­rechts­ord­nung gera­de, dass der Staat sei­ne Pflich­ten mög­lichst grund­rechts­scho­nend zu erfül­len hat. Hin­zu kommt, dass Grund­rechts­ein­grif­fe recht­fer­ti­gen­de Funk­ti­ons- und Effi­zi­enz­ein­bu­ßen des Wis­sen­schafts­sys­tems jeden­falls solan­ge nicht vor­lie­gen, wie die wis­sen­schaft­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on über For­schungs­er­geb­nis­se noch gelingt.44 Somit ist fest­zu­hal­ten, dass sich für den mit § 44 Abs. 6 BWLHG ver­bun­de­nen Ein­griff in die Wis­sen­schafts­frei­heit kei­ne Recht­fer­ti­gung fin­den lässt. Folg­lich ver­stößt die­se Vor­schrift gegen Art. 5 Abs. 3 GG und ist daher auch aus die­sem Grund (mate­ri­ell) verfassungswidrig.45 Aus gutem Grund hat der Bun­des­ge­setz­ge­ber in § 38 Abs. 4 UrhG von der­ar­ti­gen Zwangs­ele­men­ten abge­se­hen. 4. Ver­stoß gegen Art. 14 und 12 GG Indem die Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht des § 44 Abs. 6 BWLHG auf­grund ihres Zwangs­cha­rak­ters in die Urhe­ber­rechts­po­si­ti­on der Autoren ein­greift, betrifft sie auch deren von Art. 14 Abs. 1 GG geschütz­tes geis­ti­ges Eigentum.46 Aller­dings han­delt es sich dabei um eine Rege­lung der Zweit­ver­öf­fent­li­chung – die also eine ent­spre­chen­de Grund­satz­ent­schei­dung zur (Erst-)Veröffentlichung vor­aus­setzt –, die in einem jeden­falls nicht ruf­schä­di­gen­den Kon­text erfolgt und zudem der Wis­sen­schaft als kom­mu­ni­ka­ti­vem Pro­zess dient. Zudem ist mit die­ser Ver­pflich­tung kein Ver­lust einer kon­kre­ten Eigen­tums­po­si­ti­on verbunden,47 son­dern § 44 Abs. 6 BWLHG erfüllt ange­sichts der mode­ra­ten Ein­griffs­tie­fe im Ver­hält­nis zum Inter­es­se der All­ge­mein­heit an einer best­mög­li­chen Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on die Gebo­te der Gemein­wohl­ver­pflich­tung und der Verhältnismäßigkeit48 und ist des­halb als eine zuläs­si­ge Inhalts- und Schran­ken­be­stim­mung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG anzu­se­hen. Der Bör­sen­ver­ein des deut­schen Buch­han­dels sieht zudem in der ent­schä­di­gungs­lo­sen Nut­zung der einem Ver­lag ein­ge­räum­ten Ver­wer­tungs­rech­te einen Ein­griff in die Eigen­tums- und Berufs­frei­heit der Verleger.49 Zwar trifft es zu, dass die Ver­la­ge durch das Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht – das durch § 44 Abs. 6 BWLHG zur Pflicht umge­wan­delt und damit im Gewicht erhöht wird Haug · Open-Access in Baden-Würt­tem­berg 9 5 50 Feh­ling (Fn. 3), S. 186; a.A. Sprang (Fn. 5), S. 465. 51 Kraus­nick (Fn. 26), S. 375. 52 Bezüg­lich § 38 Abs. 4 UrhG: BT-Drs. 13423, S. 10; näher dazu Feh­ling (Fn. 3), S. 186; a.A. Sprang (Fn. 5), S. 465. 53 BT-Drs. 17/13423, S. 9 f. 54 Die­sen Unter­schied betont auch die Alli­anz der Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen, die § 44 Abs. 6 BWLHG des­halb als „pro­ble­ma­tisch“ bezeich­net hat, vgl. LT-Drs. 15/4684, S. 335; a.A. Kraus­nick (Fn. 26), S. 378. 55 So der VGH BW (Fn. 1), Rn. 114; eben­so der Bör­sen­ver­ein (Fn. 26), S. 8, und der DHV, in: LT-Drs. 15/4684, S. 335. 56 Sop­pe (Fn. 11), § 38 Rn. 60. 57 Bünd­nis 90/Die Grü­nen Baden-Würt­tem­ber­g/CDU Baden-Würt­tem­berg, Baden-Würt­tem­berg gestal­ten: Ver­läss­lich. Nach­hal­tig. Inno­va­tiv., S. 40 f. – beschwert sind. Dies kann aller­dings das Eigen­tums­recht schon des­halb nicht tan­gie­ren, weil die Ver­la­ge ein Ver­wer­tungs­recht eben nur noch in dem beschwer­ten Umfang erwer­ben kön­nen und ihnen des­halb nichts „weg­ge­nom­men“ wird, das sie zuvor gehabt hätten.50 Der Ein­griff beschränkt sich damit auf die Berufs­frei­heit, indem die Erwerbs­chan­cen durch § 44 Abs. 6 BWLHG redu­ziert sind. Doch wird man dar­in noch eine – durch den Gemein­wohl­be­lang der erleich­ter­ten Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on gerecht­fer­tig­te – Aus­übung des Geset­zes­vor­be­halts zu sehen haben.51 Denn §§ 38 Abs. 4 UrhG, 44 Abs. 6 BWLHG neh­men durch den ein­ge­schränk­ten Anwen­dungs­be­reich auf min­des­tens hälf­tig öffent­lich geför­der­te For­schungs­er­geb­nis­se und die Bezug­nah­me auf die akzep­tier­te Manu­skript­ver­si­on sowie schließ­lich durch die Abstands­frist zwi­schen Erstund Zweit­ver­öf­fent­li­chung von einem Jahr auf die berech­tig­ten ver­le­ge­ri­schen Inter­es­sen – ins­be­son­de­re deren eige­ne Inves­ti­tio­nen und deren Amor­ti­sa­ti­ons­in­ter­es­se – ange­mes­sen Rück­sicht, wodurch die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit des Ein­griffs gewahrt ist.52 Ein Ver­stoß gegen Art. 14 und 12 GG ist dem­nach nicht fest­zu­stel­len. 5. Ver­stoß gegen das urhe­ber­recht­li­che Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht gem. § 38 Abs. 4 UrhG Schließ­lich ver­stößt § 44 Abs. 6 BWLHG – unab­hän­gig von der feh­len­den Gesetz­ge­bungs­kom­pe­tenz – auch inhalt­lich gegen das ein­fa­che Bun­des­recht in Gestalt des § 38 Abs. 4 UrhG. Denn die­se Norm räumt dem Urhe­ber ein unab­ding­ba­res Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht ein, um des­sen Optio­nen zu ver­brei­tern und sei­ne Stel­lung gegen­über dem­je­ni­gen, dem er das Erst­ver­öf­fent­li­chungs­recht über­tra­gen hat (also der Fach­zeit­schrift oder dem Wis­sen­schafts­ver­lag), zu stärken.53 Die­ses Opti­ons­recht wird durch § 44 Abs. 6 BWLHG in eine Pflicht umge­wan­delt, wodurch die bun­des­ge­setz­lich ein­ge­räum­te Berech­ti­gung und Ent­schei­dungs­frei­heit zur Nicht­aus­übung des Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­rechts lan­des­ge­setz­lich abge­schafft wird.54 Dadurch wird das Rege­lungs­kon­zept des Bun­des der­art erheb­lich qua­li­ta­tiv ver­än­dert, wenn nicht sogar „konterkariert“,55 dass inso­weit kei­ne inhalt­li­che Über­ein­stim­mung mehr zwi­schen dem Bun­des- und Lan­des­recht besteht. Hin­zu kommt, dass die Bun­des­re­gie­rung in ihrer Ent­wurfs­be­grün­dung zu § 38 Abs. 4 UrhG des­sen Tat­be­stands­merk­mal, wonach das Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­recht für eine „min­des­tens zur Hälf­te mit öffent­li­chen Mit­teln geför­der­ten For­schungs­tä­tig­keit“ gilt, ver­engt dahin aus­ge­legt hat, dass dies nur bei öffent­li­chen Pro­jekt­för­de­run­gen oder bei insti­tu­tio­nell geför­der­ten außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen gel­ten soll (s.o.). Dies umfasst folg­lich gera­de nicht die von Hoch­schul­be­diens­te­ten im Rah­men ihrer regu­lä­ren Tätig­keit erar­bei­te­ten Erkenntnisse.56 Indem aber § 44 Abs. 6 BWLHG die Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht auf alle lan­des­sei­tig durch Per­so­nal­fi­nan­zie­rung ermög­lich­ten For­schungs­er­geb­nis­se erstreckt, nimmt der Lan­des­ge­setz­ge­ber eine ihm nicht zuste­hen­de abwei­chen­de Aus­le­gung bun­des­ge­setz­li­cher Tat­be­stands­merk­ma­le vor. IV. Fazit Open Access ist eine im digi­ta­len Zeit­al­ter an Bedeu­tung ste­tig zuneh­men­de Publi­ka­ti­ons­form zur För­de­rung des wis­sen­schaft­li­chen Aus­tau­sches. Des­halb ver­dient Open Acess jede geeig­ne­te För­de­rung. Aller­dings ist eine staat­lich-repres­si­ve Zwangs­maß­nah­me wie § 44 Abs. 6 BWLHG aus wis­sen­schafts­po­li­ti­schen und recht­li­chen Grün­den dafür unge­eig­net. Wesent­lich wis­sen­schafts­ad­äqua­ter (und recht­lich unbe­denk­li­cher) wäre ein Anreiz­mo­dell, wie es im Koali­ti­ons­ver­trag der grün-schwar­zen Lan­des­re­gie­rung zumin­dest anklingt. Danach kün­di­gen die Regie­rungs­par­tei­en an, die „Open-Access-Stra­te­gie des Lan­des gemein­sam mit Hoch­schu­len und Biblio­the­ken wei­ter­zu­ent­wi­ckeln“ und zu „prü­fen, ob baden­würt­tem­ber­gi­sche Open-Access-Zeit­schrif­ten durch das Land geför­dert wer­den kön­nen und ob die Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­pflicht auf­recht­erhal­ten wer­den soll.“57 So erfreu­lich die­se Ankün­di­gun­gen sind, so bedau­er­lich ist es, dass in den über zwei Jah­ren seit Abschluss die­ses Koali­ti­ons­ver­trags noch kei­ne dies­be­züg­li­chen Akti­vi­tä­ten zu erken­nen sind. Das Land ist daher nur noch­mals und ein­dring­lich auf­zu­for­dern, nun spä­tes­tens den Vor­la­ge­be­schluss des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs zum Anlass zu neh­men, ein neu­es und über­zeu­gen­de­res Open-Access-För­der­kon­zept ohne Zweit­ver­öf­fent­li­chungs­zwang vor­zu­le­gen und umzu­set­zen. Vol­ker M. Haug ist Hono­rar­pro­fes­sor im Insti­tut für Volks­wirt­schafts­leh­re und Recht der Uni­ver­si­tät Stutt­gart. Sei­ne Arbeits­schwer­punk­te lie­gen im Partizipations‑, Hochschul‑, Medi­en- und Ver­fas­sungs­recht. 9 6 O RDNUNG DER WISSENSCHAFT 2 (2019),89–96