Ulrich Preis / Daniel Ulber, Kommentar zum Wissen- schaftszeitvertragsgesetz, 2. Auflage, München 2017, Luchterhand Verlag, 588 Seiten, ISBN: 978–3‑472–08957- 5, EUR 59,-
Der Wissenschaftsbereich ist zur Erhaltung seiner Leis- tungs- und Funktionsfähigkeit auf befristete Arbeitsver- hältnisse in besonderer Weise angewiesen. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht eine ständige Fluktuati- on als erforderlich an, um einen laufenden Zustrom jun- ger Wissenschaftler und neuer Ideen zu gewährleisten, ohne den die Forschung erstarren würde. Seit 2007 sind die besonderen Regelungen für befristete Arbeitsver- hältnisse im Wissenschaftsbereich im Wissenschaftszeit- vertragsgesetz (WissZeitVG) geregelt.
Das WissZeitVG wurde im vergangenen Jahr umfas- send novelliert.1 Ziel der Novelle war es vor allem unan- gemessen kurze Befristungen im Wissenschaftsbereich zu unterbinden, ohne hierdurch aber die grundsätzlich erforderliche Flexibilität und Dynamik bei der Befris- tung von Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft ins- gesamt in Frage zu stellen. Angestrebt wurde vielmehr ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Wissenschaftler an einem längerfristig planbaren Karrierewege und der Notwendigkeit einer personal- und betriebsmittelbezogenen Vorausplanung der Hoch- schulen, Universitätsklinika und außeruniversitären Forschungseinrichtungen durch flexibel bestimmbare Befristungsdauern. Ausdruck dieses Ausgleichs ist das nunmehr normierte Angemessenheitskriterium inner- halb der sachgrundlosen Befristungen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG.2 Mit diesen Änderungen gingen unter an- derem gesetzliche Neugestaltungen für die Drittmittel- befristung, die Befristung von Nicht-Wissenschaftlern im Drittmittelbereich, Ergänzungen der einseitigen Ver- längerungsoption in § 2 Abs. 5 WissZeitVG sowie ein neuer Befristungstatbestand für wissenschaftliche und künstlerische Hilfstätigkeiten (§ 6 WissZeitVG n.F.) ein- her.3 Aus diesen Neuerungen folgen für die Hochschu- len, Universitätsklinika, außeruniversitären Forschungs-
1 Erstes Gesetz zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I Nr. 12).
einrichtungen und schließlich auch für die künftig ange- rufenen Gerichte, zahlreiche praktische Fragestellungen, die sich allein mit der Lektüre des neuen Gesetzestextes nicht lösen lassen, sondern stets im Hinblick auf die bis- herigen Entwicklungen reflektiert und bewertet werden müssen; eine Aufgabe die aufgrund der Besonderheiten des Hochschulbefristungsrechts schnell zu einer gewis- sen Ratlosigkeit führen. Dieser Aufgabe haben sich Ul- rich Preis und Daniel Ulber in der jetzt 2. Auflage des Kommentars zum Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in ganz vorzüglicher Art und Weise angenommen:
- Dem neu im Gesetzestext eingefügten Qualifizie- rungserfordernis in § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WissZeitVG sind an prominenter Stelle 9 Randnummern gewidmet. Dabei wird im Anschluss an die bis dahin begründeten Ansichten richtigerweise festgestellt, dass es sich nicht um ein selbständig zu prüfendes Tatbestandsmerkmal handelt (Rn 8).
- Die Dauer der vereinbarten Befristung muss nach dem neuen § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG so bemessen sein, dass sie der angestrebten Qualifizierung angemes- sen ist. Die Autoren weisen auf Anwendungsschwierig- keiten hin (Rn 28) und setzen sich dann intensiv in ins- gesamt 16 Randnummern mit der Bestimmung einer an- gemessenen Qualifizierungsdauer auseinander. Die An- nahme der Autoren, die angemessene Vertragsdauer könne nur einzelfallbezogen ermittelt werden (Rn 29), führt dabei gerade zu den von ihnen konstatierten An- wendungsschwierigkeiten. Zustimmend äußern sich die Autoren zu Vorschlägen aus der Literatur, eine Mindest- befristungsdauer von einem Jahr oder sechs Monaten als regelmäßig angemessen zu erachten (Rn 36). Hier wäre zumindest eine tiefergreifende Auseinandersetzung an- hand des Ziels der Novellierung wünschenswert gewe- sen. Die vorgeschlagenen Mindestbefristungsdauern lie- gen unter der durchschnittlichen Befristungsdauer im Wissenschaftsbereich, die den Gesetzgeber zu seinen Änderungen veranlasst haben.
- Die neue Verlängerung der Höchstbefristungsdauer wegen Behinderung oder schwerwiegender chronischer
3 Siehe noch zum Entwurf Mandler/Meißner, OdW 2016, 40; Meiß- ner, Entstehung und Entwicklung des Hoch-schulbefristungs- rechts, 2016, S. 158 ff., 165 ff.; Blum/Vehling, OdW 2015. S. 189–198.
2 Vgl. hierzu Mandler/Meißner, OdW 2017, 199 ff.
Ordnung der Wissenschaft 2018, ISSN 2197–9197
Tobias Mandler/Markus Meißner
Rezension Preis/Ulber: Kommentar zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz
40 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 1 (2018), 39–40
Erkrankung wird praxistauglich und unter Hinweis auf die Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesaus- schusses erläutert.
- Die Streichung der Drittmittelbefristung in § 2 Abs. 2 WissZeitVG für nichtwissenschaftliches Personal wird in einem eigenen Unterpunkt besprochen. Dies hilft dem Anwender, der aufgrund der alten Rechtslage nach Möglichkeiten für die Befristung von nichtwissen- schaftlichem Personal sucht.
- Die Neuregelung des Befristungstatbestandes für studentische Hilfskräfte in § 6 WissZeitVG wird in 36 Randnummern eingehend betrachtet und lässt kaum Frage offen.
Die unveränderten Regelungen sind in gewohnter Manier umfassend und praxistauglich kommentiert. Stets berücksichtigen die Autoren aktuelle Rechtspre- chung. Bei offenen Fragen setzen sie sich tiefgreifend und zielführend mit den vorhandenen Meinungen aus- einander. Für den Anwender erfreulich ist insbesondere, dass immer auch Bezug zum allgemeinen Befristungs- recht und zu landesrechtlichen Besonderheiten genom- men wird. So wird im Rahmen von § 1 Abs. 2 beispiels- weise ausführlich der Abschluss unbefristeter oder nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befriste- ter Arbeitsverträge behandelt (57 Randnummern) und auch bei der Drittmittelbefristung wird noch einmal ge- sondert auf das Verhältnis zur sachgrundlosen Befris- tung nach § 14 Abs. 2 TzBfG eingegangen.
Ulrich Preis und Daniel Ulber sind für den umfas- sendsten Kommentar zum Wissenschaftszeitvertragsge- setz4 verantwortlich und setzen mit diesem sowohl in Bezug auf Praxistauglichkeit, Verständlichkeit und Me-
thode Standards. Im Vergleich zur ersten Auflage hat sich zudem das Format geändert. Der Leser erhält nun auf 588 Seiten im signalfarbenen Rot ein Werk, dass ge- genüber seiner Vorauflage einen mehr als verdoppelten Seitenumfang aufweist. Aufgrund der klaren Gliederun- gen kann sich der Anwender aber trotz dieser stattlichen Seitenanzahl grundsätzlich schnell orientieren und fin- det – sei es auch einmal durch Querverweise – zur ge- wünschten Passage. Schade ist indes, dass sich bei der zentralen Kommentierung des § 2 ab dem Kapitel B. II. 4. die in der Übersicht angegebenen und die tatsächlichen Randnummern immer weiter voneinander entfernen, was die schnelle Suche in der Kommentierung zu § 2 er- schwert. Daneben scheint der Umfang des im Anschluss an die Kommentierung stehenden Anhangs recht groß- zügig bemessen. Angesichts der voranschreitenden Digi- talisierung und der vielfachen Verfügbarkeit der aktuel- len Textfassungen sollte hier das Potential zur Kürzung geprüft werden.
Ihrem Anspruch, praktische Anwendungsfragen im Sinne einer rechtssicheren Handhabung zu beantworten, werden Ulrich Preis und Daniel Ulber voll und ganz ge- recht. Es handelt sich um ein Buch, das sich im Bestand einer jeden Hochschule, Universitätsklinik, außeruni- versitären Forschungseinrichtung und arbeitsgerichtli- chen Bibliothek finden sollte.
Tobias Mandler ist Rechtsanwalt bei Jones Day in Mün- chen. Markus Meißner ist Rechtsanwalt im Bereich des Arbeitsrechts bei CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB in Stuttgart.
4 Überblick der Kommentierungen bei Picker, OdW 2014, S. 5 f. und Will, OdW 2018, 41 f.