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Die For­de­rung nach Trans­pa­renz von Ent­schei­dun­gen in der Wis­sen­schaft ist kein neu­es Phä­no­men, son­dern hat schon in der Ver­gan­gen­heit zu kon­tro­ver­sen Dis­kus­sio- nen geführt, sei­en es die Ent­schei­dun­gen von Beru- fungs- oder Eva­lu­ie­rungs­kom­mis­sio­nen oder von För- derent­schei­dun­gen wis­sen­schaft­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen. Soweit sich die­se auf Gut­ach­ten stüt­zen, wird das Inter- esse an einer Offen­le­gung die­ser Gut­ach­ten oder auch nur an deren Autoren regel­mä­ßig mit Ver­weis auf die Gewähr­leis­tung einer unab­hän­gi­gen und unbe­fan­ge­nen Begut­ach­tung zurück­ge­wie­sen. In dem nach­fol­gen­den Bei­trag sol­len die sich damit stel­len­den recht­li­chen Fra- gen nach der Zuläs­sig­keit eines wis­sen­schaft­li­chen Son- der­rechts im Lich­te einer Ent­schei­dung des Bun­des­ver- wal­tungs­ge­richts aus dem Jah­re 2017 nach­ge­zeich­net wer­den. Ob die­se Grund­satz­ent­schei­dung dar­über hin- aus auch den Bereich der For­schungs­för­de­rung durch Mitt­ler­or­ga­ni­sa­tio­nen, wie die Deut­sche For­schungs­ge- mein­schaft, betrifft, soll dar­an anschlie­ßend betrach­tet werden.

I. Aus­gangs­la­ge

Das Recht auf Akten­ein­sicht ist eine der ver­fas­sungs- recht­li­chen Säu­len des Rechts­staa­tes, mit dem eine effek- tive Gewäh­rung des Rechts­schut­zes gewähr­leis­tet und recht­li­ches Gehör ver­wirk­licht wer­den. Nicht zuletzt dient es der öffent­li­chen Kon­trol­le der Ver­wal­tung und ist damit auch Aus­druck des demo­kra­ti­schen Rechts- staatsprinzips.1 Das Recht auf Ein­sicht in die das Ver­fah- ren betref­fen­den Akten ist daher jedem zu gewäh­ren, soweit deren Kennt­nis zur Gel­tend­ma­chung oder Ver­tei- digung sei­ner recht­li­chen Inter­es­sen erfor­der­lich ist ( § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Abge­lehnt wer­den kann dies nur, soweit durch die Akten­ein­sicht die ord­nungs­ge­mä- ße Erfül­lung der Auf­ga­ben der Behör­de beein­träch­tigt, das Bekannt­wer­den des Inhalts der Akten dem Wohl des

  1. 1  Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auf­la­ge 2017, § 29 Rdnr. 2, 3.
  2. 2  Nach­wei­se bei Wolff/Stemmer, Das Akten­ein­sichts­recht gem. § 29VwVfG, WissR 47 (2014), S. 361 (362).
  3. 3  Nach der Begrün­dung des Geset­zes über die wis­sen­schaft­li­chen­Hoch­schu­len des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len (WissHG) aus dem Jah­re 1978 soll die Vor­schrift das Ver­trau­en des Gut­ach­ters auf die ver­trau­li­che Behand­lung sei­nes Gut­ach­tens schüt­zen,
    um eine bes­se­re Wür­di­gung der Bewer­ber zu erhal­ten (LT-Drs. 8/3880, S. 177), bestä­ti­gend VG Düs­sel­dorf, Beschluss v. 18.2.1998 – 2 L 5476/97, FuL 1999, S. 150. Zu den ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken Per­nice-Warn­ke, Gericht­li­che Kon­troll­dich­te und Bedeu­tung des Ver­fah­rens, WissR 47 (2014), S. 371 (388 f.) sowie

Bun­des oder eines Lan­des Nach­tei­le berei­ten wür­de oder soweit die Vor­gän­ge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, nament­lich wegen der berech­tig­ten Inte­res- sen der Betei­lig­ten oder drit­ter Per­so­nen, geheim gehal- ten wer­den müs­sen (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Trotz die­ser ver­fas­sungs­recht­li­chen Garan­tie ist es umso erstaun­li­cher, dass sich die­ses Recht gera­de bei den Hoch­schu­len und in der Wis­sen­schaft mit Ver­weis auf die Beson­der­hei­ten des Hoch­schul­be­reichs und tra­dier­te Rechts­ver­ständ­nis­se, als unvoll­kom­men erweist und dies ins­be­son­de­re in den Beru­fungs­ver­fah­ren, von de- nen jähr­lich bun­des­weit immer­hin unge­fähr 1.500 statt- fin­den. Bei genaue­rer Betrach­tung zeigt sich jedoch in den Ver­wal­tungs­ge­set­zen der Län­der gera­de in Bezug auf­da­sEin­sichts­rech­tin­Be­ru­fungs­ver­fah­ren­ein­he­te­ro- genes Bild. Wäh­rend die Mehr­zahl der Geset­ze trotz ein- geschränk­ter Anwend­bar­keit im Hoch­schul­be­reich das Akten­ein­sichts­recht davon wie­der­um aus­neh­men, so dass es unein­ge­schränkt gilt,2 neh­men eini­ge Län­der die Beru­fungs­ver­fah­ren ins­ge­samt aus der Anwend­bar­keit des gesam­ten Geset­zes her­aus, so in Hes­sen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 HessVwVfG) und Thü­rin­gen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 Thür- VwVfG). In Ham­burg (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 HmbV­wVfG) und Baden-Würt­tem­berg (§ 2 Abs. 4 Satz 2 VwVfG BW) sind die Beru­fungs­ver­fah­ren dage­gen nur vom Akten­ein- sichts­recht aus­ge­nom­men oder – so in Nie­der­sach­sen und Bre­men – zumin­dest die Gut­ach­ten (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 NdsVwVfG, § 2 Abs. 3 Nr. 4 BremV­wVfG). Dar­über hin- aus fin­den sich im Nord­rhein-West­fä­li­schen Hoch­schul- gesetz (§ 38 Abs. 5)3 sowie im Thü­rin­ger Hoch­schul­ge- setz (§ 85 Abs. 10)4 spe­zi­al­ge­setz­lich gere­gel­te Aus­nah- men, mit denen in Beru­fungs­ver­fah­ren das Recht auf Akten­ein­sicht in die Gut­ach­ten selbst oder soweit die­se ganz oder teil­wei­se wie­der­ge­ben wer­den, aus­ge­schlos­sen ist, im Hoch­schul­ge­setz von Meck­len­burg-Vor­pom­mern betrifft der Aus­schluss sogar die gesam­te Beru­fungs­ak­te und ins­be­son­de­re die Gut­ach­ten (§ 59 Abs. 5 Satz 4).5

dies., in: von Coelln/Schemmer (Hrsg.), Beck­OK Hochschulrecht

Nord­rhein-West­fa­len, 6. Ed. (Stand: 1.1.2018), § 38 HG Rdnr. 46 f. 4 Der Thü­rin­ger Lan­des­ge­setz­ge­ber mit der am 27. April 2018

beschlos­se­nen und am 24. Mai 2018 in Kraft Novel­le des Thü- rin­ger Hoch­schul­ge­set­zes („Thü­rin­ger Gesetz zur Stär­kung der Mit­be­stim­mung an Hoch­schu­len sowie zur Ände­rung wei­te­rer hoch­schul­recht­li­cher Vor­schrif­ten“ vom 10. Mai 2018, GVBl. 149) die Vor­gän­ger­reg­lung in § 78 Abs. 11 unver­än­dert übernommen.

5 Kri­tisch zu den gesetz­li­chen Ein­schrän­kun­gen Beaucamp/Seifert, Rechts­schutz von Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten in Promotions‑, Habi­li­ta­ti­ons- und Beru­fungs­ver­fah­ren, WissR 44 (2011), S. 24 (29).

Ste­fan Danz

Zur Offen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men im Wissenschaftsbereich

Ord­nung der Wis­sen­schaft 2018, ISSN 2197–9197

292 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 291–300

Unab­hän­gig von die­sem ein­fach­recht­li­chen Befund hat die Recht­spre­chung jedoch schon in der Ver­gan­gen­heit ein höher­ran­gi­ges, ver­fas­sungs­recht­lich gebo­te­nes Ein- sichts­recht ange­nom­men, sofern die Betrof­fe­nen hier­für ein berech­tig­tes Inter­es­se nach­ge­wie­sen haben.6

Mit den Gut­ach­ten im Beru­fungs­ver­fah­ren wird die wis­sen­schaft­li­che Qua­li­tät der Leis­tun­gen oder die fach- liche Eig­nung einer oder eines in die enge­re Aus­wahl ein­be­zo­ge­nen Bewer­be­rin oder Bewer­bers bewer­tet. Ge- setz­lich vor­ge­schrie­ben ist in der Regel zudem, dass sie von aus­wär­ti­gen Wis­sen­schaft­lern zu erstel­len sind.7 Die Betei­li­gung von Exter­nen, ins­be­son­de­re in Beru­fungs- ver­fah­ren, ist dabei wei­test­ge­hend aner­kannt, da sie als unab­hän­gi­ges und unvor­ein­ge­nom­me­nes Kor­rek­tiv in einem selbst­re­fe­ren­ti­el­len Sys­tem, wie dem der Wis­sen- schaft, für Objek­ti­vi­tät sorgen,8 das Miss­trau­en in die hoch­schul­in­ter­nen Ent­schei­dun­gen verhindern9 und nicht zuletzt die Qua­li­tät der Ver­fah­ren ins­ge­samt stei- gern sollen.10 Mit der gesetz­li­chen Inten­ti­on, durch die Betei­li­gung exter­ner Wis­sen­schaft­ler sach­ge­rech­te und trans­pa­ren­te (Berufungs-)Verfahren zu gewähr­leis­ten, wer­den nicht zuletzt For­de­run­gen des Wis­sen­schafts­rats auf­ge­grif­fen, der den damit ver­bun­de­nen Gewinn an Trans­pa­renz für unab­ding­bar hält.11 Die ver­fas­sungs- recht­li­che Zuläs­sig­keit der Betei­li­gung Exter­ner an den Beru­fungs­ver­fah­ren – als Mit­glie­der der Kom­mis­si­on oder als Gut­ach­ter – mit dem Ziel, „die wis­sen­schaft­li­che Plu­ra­li­tät der Ent­schei­dungs­trä­ger und die Qua­li­tät der Aus­wahl­ent­schei­dun­gen zu ver­bes­sern“, hat nicht zuletzt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung zum Ham­bur­gi­schen Hoch­schul­ge­setz aus­drück­lich an- erkannt und bestätigt.12 Die Trans­pa­renz reicht jedoch nicht so weit, dass Gut­ach­ten oder zumin­dest die Namen

  1. 6  BVerwG, Urteil v. 30.6.1983 – 2 C 76.81, DVBl 1984, 53; Urteil v. 16.3.1994 – 6 C 1.93, BVerw­GE 95, 237; Kopp/Ramsauer (Fn 1) § 29 Rdnr. 5; Wolff/Stemmer (Fn. 2) S. 362; Beaucamp/Seifert (Fn. 5) S. 27.
  2. 7  So bspw. § 48 Abs. 3 Satz 4 BW LHG. Nach § 26 Abs. 5 Satz 3 NdsHG kann jedoch auf Gut­ach­ten aus­wär­ti­ger sach­ver­stän­di­ger Per­so­nen ver­zich­tet wer­den, wenn der Beru­fungs­kom­mis­si­on min­des­tens drei exter­ne Mit­glie­der angehören.
  3. 8  Jabu­rek in: Coelln/Lindner (Hrsg.), Beck­OK Hoch­schul­recht Bay­ern, 8. Ed. (Stand: 1.2.2018), Art. 18 BayHSchPG, Rdnr. 32.
  4. 9  Meh­de, Exter­ne in Beru­fungs­ver­fah­ren, WissR 50 (2017), 28 (32).
  5. 10  Epping/Nölle, in: Epping (Hrsg.), Nie­der­säch­si­sches Hoch­schul­ge-setz, § 26 Rdnr. 79.
  6. 11  Wis­sen­schafts­rat, Emp­feh­lun­gen zur Aus­ge­stal­tung von Beru-fungs­ver­fah­ren, Jena 2005 (https://www.wissenschaftsrat.de/ downloads/archiv/6709–05.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]), S. 31, 50 f. Aus­führ­lich zur Betei­li­gung von Exter­nen in Beru- fungs­ver­fah­ren Meh­de (Fn. 9).
  7. 12  Beschluss v. 20.7.2010 – 1 BvR 748/06, BVerfGE 127, 87 (123). Zur Betei­li­gung Exter­ner in Uni­ver­si­täts­gre­mi­en wie dem Hoch- schul­rat sie­he Baye­ri­scher Ver­fas­sungs­ge­richts­hof, Ent­schei­dung v. 7.5.2008 – Vf. 19-VII-06, NVwZ 2009, 177 (180), der zudem die Rück­kop­pe­lung an die hoch­schul­in­ter­ne Willensbildung

der Gut­ach­ter offen­bart wer­den. Als beson­ders wich­tig wird die­se Geheim­hal­tung daher vor allem im Rah­men von Beru­fungs­ver­fah­ren ange­se­hen, in dem nach dem Prin­zip der Besten­aus­le­se der geeig­nets­te Bewer­ber aus- zuwäh­len ist. Um eine unab­hän­gi­ge sowie offe­ne und unge­schön­te Ein­schät­zung der Bewer­ber zu erhal­ten, wird den Gut­ach­tern daher regel­mä­ßig die Ver­trau­lich- keit ihrer Namen zuge­si­chert oder die­se unaus­ge­spro- chen vorausgesetzt.13

Mit die­sem Wider­spruch zwi­schen rechts­staat­li­chen Garan­tien und einem angeb­lich wis­sen­schafts­spe­zi­fi- schen Son­der­recht hat­te sich bereits in der Ver­gan­gen- heit die Recht­spre­chung befasst, die einen so weit­ge­hen- den Geheim­nis­schutz für ein ver­wal­tungs­ge­richt­li­ches Kon­kur­ren­ten­ver­fah­ren um eine Pro­fes­so­ren­stel­le über- wie­gend abge­lehnt haben.14 So ent­scheid das Ham­bur­gi- sche Ober­ver­wal­tungs­ge­richt 1986 zu einem Beru­fungs- ver­fah­ren, in dem durch die Behör­de die Vor­la­ge von Gut­ach­ten mit Ver­weis auf deren Geheim­hal­tung ver- wehrt wur­de, dass es weder eine gesetz­li­che Pflicht zur Geheim­hal­tung gebe, auch nicht aus der feh­len­den Gel- tung des Ein­sichts­rechts nach dem Lan­des­ver­wal­tungs- ver­fah­rens­ge­setz (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 HmbV­wVfG), noch die­se Gut­ach­ten ihrem Wesen nach geheim gehal­ten wer­den müssen.15 Viel­mehr erfor­dern die rechts­staat­lich gebo­te­nen Ansprü­che auf recht­li­ches Gehör und effek­ti- ven Rechts­schutz zwin­gend deren Vor­la­ge, da ande­ren- falls eine umfas­sen­de Sach­ver­halts­auf­klä­rung nicht mög­lich ist. Da selbst eine zuge­si­cher­te Ver­trau­lich­keit dies nicht begrün­den kön­ne, muss eine Behör­de ent- schei­den, ob sie ent­we­der die Ver­trau­lich­keit bre­che oder – da eine Vor­la­ge gericht­lich auch nicht erzwun­gen wer­den kön­ne – die nega­ti­ven pro­zes­sua­len Konsequen-

betont, da im Kern­be­reich der aka­de­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten zur Ver­mei­dung einer struk­tu­rel­len Gefähr­dung der Wis­sen- schafts­frei­heit die Hoch­schul­leh­rer­mehr­heit gewähr­leis­tet sein muss. Dazu auch Burgi/Gräf, Das (Verwaltungs-)Organisations- recht der Hoch­schu­len im Spie­gel der neue­ren Gesetz­ge­bung und Ver­fas­sungs­recht­spre­chung, DVBl. 2010, S. 1125 (1131); Wen­del, Der Hoch­schul­rat, 2016, S. 84 ff.

13 Wolff/Stemmer (Fn. 2) S. 365 f.; Per­nice-Warn­ke (Fn. 3) S. 388. Dass die Iden­ti­tät der aus­wär­ti­gen Gut­ach­ter den Bewer­bern übli- cher­wei­se unbe­kannt ist, legt auch der Wis­sen­schafts­rat (Fn. 11) S. 31, zu Grunde.

14 VGH Kas­sel, Beschluss v. 21.7.1983 – 1 TE 14/83, NJW 1985, 216; OVG Ham­burg, Beschluss v. 8.7.1986 – Bs III 432/86, WissR 20 (1987), 180; a. A. VG Düs­sel­dorf (Fn. 3).

15 OVG Ham­burg (Fn. 14) S. 183 f. Anders in dem vom VG Düs- sel­dorf (Fn. 3) ent­schie­de­nen Ver­fah­ren, in dem eine Pflicht zur Vor­la­ge der Gut­ach­ten mit Ver­weis auf die bereits damals bes­te- hen­de Rege­lung im Lan­des­hoch­schul­ge­setz abge­lehnt wur­de, da das Gericht eine gesetz­li­che Geheim­hal­tungs­pflicht annahm. Zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Rege­lung Brehm/Zimmerling, Die Ent- wick­lung der Recht­spre­chung zum Hoch­schul­leh­r­er­recht, WissR 34 (2001), S. 329 (342); kri­tisch bereits Keh­ler, in: Den­nin­ger (Hrsg.), HRG, § 45, Rdnr. 34.

Danz · Offen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men im Wis­sen­schafts­be­reich 2 9 3

zen hinnehme.16 In die­sem Sin­ne hat­te bereits zuvor der Hes­si­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ent­schie­den. Eine Dozen­tin hat­te in dem Ver­fah­ren ihre Über­nah­me als Pro­fes­so­rin auf Lebens­zeit ange­strebt und begehr­te die Vor­la­ge der aus­wär­ti­gen Gut­ach­ten über ihre wis­sen- schaft­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on. Da die gericht­li­che Über­prü- fung nur auf die Fest­stel­lung von Ver­fah­rens­män­geln be- schränkt ist und damit letzt­lich nur die Sach­lich­keit des Ver­fah­rens über­prüft und der Ein­druck von Unre­gel­mä- ßig­kei­ten ver­mie­den wer­de, wer­de die Unab­hän­gig­keit und Unvor­ein­ge­nom­men­heit der Gut­ach­ter hier­durch, so der Gerichts­hof, nicht beeinträchtigt.17

II. Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 10. Janu­ar 2017

Anfang 2017 hat­te schließ­lich das Bun­des­ver­wal­tungs­ge- richt über einen ver­gleich­ba­ren Sach­ver­halt zu entsch­ei- den.18 Wie in den vor­an­ge­gan­ge­nen Rechts­strei­ten war auch hier der kon­kre­te Anlass ein Zwi­schen­ver­fah­ren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO, in dem über die Recht­mä­ßig- keit von Sperr­ver­mer­ken gemäß § 99 Abs. 1 VwGO zu ent­schei­den war. In einem sol­chen Ver­fah­ren geht es nicht um die Erheb­lich­keit des Inhal­tes der Akten für die Ent­schei­dung des Aus­gangs­ver­fah­rens, dies bleibt allein dem Haupt­sa­che­ver­fah­ren vor­be­hal­ten, son­dern allein die Fra­ge, ob glaub­haft Grün­de gel­tend gemacht wer­den, dass in Abwei­chung von der gesetz­li­chen Vor­la­ge­pflicht die­se ver­wehrt wer­den kann.19

Dem vom Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ent­schie­de­nen Zwi­schen­streit ging ein Ver­wal­tungs­streit in Nie­der- sach­sen vor­aus, der sei­nen Ursprung in der 2005 voll­zo- genen Fusi­on der Uni­ver­si­tät Lüne­burg mit der Fach- hoch­schu­le Nordostniedersachsen20 hat­te, aus der die jet­zi­ge Stif­tung Leu­pha­na Uni­ver­si­tät Lüne­burg her­vor- ging. Nach § 5 des Fusi­ons­ge­set­zes war es mög­lich, die Art und den Umfang der Dienst­auf­ga­ben der nach § 2 Abs. 4 Fusi­ons­ge­setz (von der Fach­hoch­schu­le) über- nom­me­nen Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren denen von Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­rin­nen und Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren anzu­glei­chen, wenn im Ein­zel­fall die von ihnen erbrach- ten wis­sen­schaft­li­chen Leis­tun­gen in der anwen­dungs- bezo­ge­nen For­schung dies recht­fer­ti­gen. Ist dies der Fall, so sind den ehe­ma­li­gen Fach­hoch­schul­pro­fes­so­ren auf Antrag das Amt einer Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­rin oder eines

  1. 16  OVG Ham­burg (Fn. 14) S.184 f.
  2. 17  VGH Kas­sel (Fn. 14), S. 217. Sie­he bereits OVG Müns­ter, Be-schluss v. 12.9.1972 – V B 138/71, NJW 1972, 2243, zur Vor­la­ge­von Gut­ach­ten und Voten in einem Habilitationsverfahren.
  3. 18  Beschluss v. 10.1.2017 – 20 F 3.16, juris; Kuge­le, juris­PR-BVerw­G5/2017 Anm. 3.
  4. 19  OVG Ham­burg (Fn. 14) S.182.
  5. 20  Gesetz zur Fusi­on der Uni­ver­si­tät Lüne­burg und der Fachhoch-

Uni­ver­si­täts­pro­fes­sors zu über­tra­gen. Die Ent­schei­dung hier­über oblag dem Prä­si­di­um der Uni­ver­si­tät auf der Grund­la­ge des Berich­tes einer inter­nen Eva­lu­ie­rungs- kom­mis­si­on sowie eines exter­nen Gut­ach­tens. Der Klä- ger des Aus­gangs­ver­fah­rens, ein beam­te­ter Pro­fes­sor der Fach­hoch­schu­le Nord­ost­nie­der­sach­sen, hat­te eine sol- chen Antrag gestellt, der nach Durch­füh­rung der Eva­lu- ati­on abge­lehnt wur­de. In dem ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren leg­te die beklag­te Uni­ver­si­tät die Ver­wal- tungs­vor­gän­ge ein­schließ­lich des aus­wär­ti­gen Fach­gut- ach­tens vor, die Namen des Gut­ach­ters wie auch der Mit- glie­der der Kom­mis­si­on wur­den jedoch unkennt­lich ge- macht. Nach­dem das Ver­wal­tungs­ge­richt die Uni­ver­si­tät zur Offen­le­gung auf­for­der­te, erließ das zustän­di­ge Lan- des­mi­nis­te­ri­um eine Sper­rer­klä­rung nach § 99 Abs. 1 VwGO mit der Begrün­dung, dass die Namen ihrem We- sen nach geheim zu hal­ten sei­en. Auf den dar­auf­hin ge- mäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestell­ten Antrag des Klä- gers stell­te das zustän­di­ge OVG Lüne­burg die Rechts- wid­rig­keit der Sper­rer­klä­rung fest.21 Die­se Ent­schei­dung wur­de dann gemäß § 99 Abs. 2 Satz 13 und 14 VwGO mit Beschwer­de der Beklag­ten zum Bun­des­ver­wal­tungs­ge- richt angefochten.

Mit sei­nem Beschluss vom 10. Janu­ar 2017 bestä­tig­te der zustän­di­ge Senat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts die Ent­schei­dung des OVG Lüne­burg, dass die Gut­ach­ter­na- men offen­zu­le­gen sind,22 und damit, dass es bei dem Grund­satz des § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO bleibt, wonach eine Behör­de grund­sätz­lich zur Vor­la­ge der voll­stän­di- gen Akten ver­pflich­tet ist. Eine sol­che könn­te zwar nach Satz 2 ver­wei­gert wer­den, wenn das Bekannt­wer­den des Inhalts der Akten dem Wohl des Bun­des oder des Lan- des Nach­tei­le berei­ten wür­de oder wenn die Vor­gän­ge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim ge- hal­ten wer­den müs­sen. Auf die­se Wei­ge­rungs­grün­de kann sich die Hoch­schu­le nach Auf­fas­sung des Bun­des- ver­wal­tungs­ge­richts jedoch nicht beru­fen, um in die­sem Fall eine Offen­le­gung der Namen zu ver­wei­gern. Weder ist das Wohl des Lan­des betrof­fen, noch besteht eine ge- setz­li­che Pflicht zur Geheim­hal­tung und vor allem sind die Namen der Gut­ach­ter- und Kom­mis­si­ons­mit­glie­der nicht ihrem Wesen nach geheim zu hal­ten. Damit erging die Sper­rer­klä­rung nicht recht­mä­ßig und die beklag­te Uni­ver­si­tät ist zu ver­pflich­ten, die Namen der Kom­mis- sions­mit­glie­der und der exter­nen Fach­gut­ach­ter offen-

schu­le Nord­ost­nie­der­sach­sen und über die Ände­rung der Stif­tung Uni­ver­si­tät Lüne­burg vom 16. Sep­tem­ber 2004 (Nds. GVBl. S. 352), geän­dert durch Arti­kel 8 Abs. 2 Nr. 4 des Geset­zes zur Ände­rung des Nie­der­säch­si­schen Hoch­schul­ge­set­zes und ande­rer Geset­ze vom 21. Novem­ber 2006 (Nds. GVBl. S. 538).

21 Beschluss v. 8.2.2016 – 14 PS 6/15, Nor­dÖR 2016, 327.
22 Anders noch OVG Lüne­burg, Beschluss v. 24.8.1982 – 2 OVG B

34/82 (zitiert nach Keh­ler [Fn. 15]).

294 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 291–300

zule­gen, so dass das Gericht der Haupt­sa­che in die Lage ver­setzt wer­den kann, den Ein­wän­den des Klä­gers gegen die (fach­li­che) Zusam­men­set­zung und die Aus­wahl des exter­nen Gut­ach­ters nach­zu­ge­hen. Dies ist auch ent- schei­dungs­er­heb­lich, denn bei der per­so­nel­len Beset- zung von Kom­mis­sio­nen sowie der Ent­schei­dung über die aus­wär­ti­gen Gut­ach­ter sind sowohl deren fach­li­che Kom­pe­tenz zu beach­ten als auch (per­sön­li­che) Befan- gen­heits­grün­de aus­zu­schlie­ßen. Ande­ren­falls wür­den Ver­fah­rens­feh­ler vor­lie­gen, die zugleich die Rechts­wid- rig­keit der ange­foch­te­nen Ent­schei­dung der Kom­mis­si- on indi­zie­ren könn­ten. Eine sol­che Fest­stel­lung kann da- her durch das prü­fen­de Gericht nur getrof­fen wer­den, wenn die Namen bekannt sind.23

Hat­ten Land und Uni­ver­si­tät die Geheim­hal­tung mit einem (öffent­li­chen) Inter­es­se an der Sicher­stel­lung der Hand­lungs­fä­hig­keit der Hoch­schu­len begrün­det und gel­tend gemacht, dass ohne die Wah­rung der Ver­trau- lich­keit die Gefahr bestehe, dass die beauf­trag­ten Per­so- nen sich nicht mehr oder zumin­dest nicht mehr so offen über Bewer­ber äußer­ten und daher deren Unab­hän­gig- keit nicht mehr aus­rei­chend gewähr­leis­tet sei, Hoch- schu­len jedoch auf Aus­künf­te und Ein­schät­zung durch Fach­kol­le­gen ange­wie­sen sei­en, hat das Bun­des­ver­wal- tungs­ge­richt dar­in kei­nen durch­grei­fen­den Geheimhal- tungs­grund gese­hen. An die „wesens­mä­ßi­ge“ Geheim- hal­tungs­be­dürf­tig­keit ist viel­mehr, so der Fach­se­nat, ein stren­ger Maß­stab anzu­le­gen, der ins­be­son­de­re durch grund­recht­lich geschütz­te Inter­es­sen mar­kiert ist und vor allem per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten Drit­ter, die ein durch die infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung gesi­cher­tes Inter- esse an Geheim­hal­tung besit­zen, umfasst. Gemes­sen an den hohen ver­fas­sungs­recht­li­chen Gütern eines umfas- sen­den Rechts­schut­zes sowie einer effek­ti­ven gericht­li- chen Kon­trol­le der Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen, der in der Regel (nur) durch voll­stän­di­ge und unge­schwärz­te Akten­vor­la­ge ver­wirk­licht wer­den kann, bedarf das gel- tend gemach­te indi­vi­du­el­le Geheim­hal­tungs­in­ter­es­se ei- ner beson­de­ren Rechtfertigung.24

Eine tra­dier­te „aka­de­mi­sche Regel“, die die Anony- mität von Gut­ach­tern vor­aus­set­ze, genügt die­sen hohen Recht­fer­ti­gungs­an­for­de­run­gen nicht, wobei das Bun­des- ver­wal­tungs­ge­richt bereits Zwei­fel hat, ob es sich hier­bei (noch) um einen gewohn­heits­recht­li­chen Recht­satz han- delt, wenn es ihn denn über­haupt je gab. Die verwal-

  1. 23  An die Fest­stel­lung der Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit sind die gemäß § 99 Abs. 2 VwGO zur Ent­schei­dung beru­fe­nen Gerich­te grund­sätz­lich auch gebun­den (BVerwG, Beschluss v. 28.3.2006 – 20 F 1.05, DVBl 2006, 851).
  2. 24  BVerwG, Beschluss v. 19.6.2013 – 20 F 10.12, ZIP 2014, 442.
  3. 25  Wolff/Stemmer (Fn. 2) S. 367 f.
  4. 26  Bull, Geheim­hal­tung für Gut­ach­ten?, WissR 20 (1987), S. 111

tungs­ge­richt­li­che Pra­xis in den Kon­kur­ren­ten­strei­tig­kei- ten zei­ge viel­mehr, dass die Vor­la­ge von Gut­ach­ten ein- schließ­lich der Offen­le­gung der Gut­ach­ter­na­men eher die Regel als die Aus­nah­me ist.25 Vor allem lässt sich die Geheim­hal­tung nicht mit dem Aspekt der Qua­li­täts­si- che­rung begrün­den, denn von einem Gut­ach­ter, so das Gericht, müs­se man erwar­ten dür­fen, dass er in der Lage ist, die wis­sen­schaft­li­che Leis­tung des zu Begut­ach­ten- den nach nach­voll­zieh­ba­ren Kri­te­ri­en dif­fe­ren­ziert zu bewer­ten sowie zu sei­ner Mei­nung offen zu ste­hen und die­se zu ver­tei­di­gen. Eine sol­che fach­li­che Aus­ein­an­der- set­zung und die kri­ti­sche Wür­di­gung fach­li­cher Ansich- ten ist nicht zuletzt der Inbe­griff des wis­sen­schaft­li­chen Dis­kur­ses. Zwar ist eine wer­ten­de Gesamt­schau des wis- sen­schaft­li­chen OEu­vre mehr als die Aus­ein­an­der­set- zung mit einer ein­zel­nen wis­sen­schaft­li­chen Ver­öf­fent­li- chung, nicht zuletzt da hier­an unter Umstän­den das wei- tere aka­de­mi­sche Fort­kom­men des zu Begut­ach­te­ten hängt und damit eine kri­ti­sche Wür­di­gung ein weit­aus grö­ße­re Aus­wir­kung auf die­ses haben kön­ne, es sei aber – so die Annah­me des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts – auch nicht erkenn­bar, dass die Offen­le­gung des Namens geeig­net wäre, Gut­ach­ter davon abzu­hal­ten, Gut­ach­ten zu über­neh­men oder dass ihnen aus einer kri­ti­schen Be- gut­ach­tung und Bewer­tung Nach­tei­le für deren beruf­li- che Tätig­keit erwach­sen würden.26 Selbst wenn (auch) der Wis­sen­schafts­be­trieb nicht frei von per­sön­li­chen Emp­find­lich­kei­ten sei und Belas­tun­gen in der Zusam- men­ar­beit von Per­so­nen, die die wis­sen­schaft­li­che Kom- petenz unter­schied­lich bewer­ten, nicht aus­zu­schlie­ßen sei­en, fol­ge dar­aus den­noch kein aka­de­misch kon­no­tier- tes Geheimhaltungsinteresse.

Ver­glei­chen lie­ße sich die­se Bewer­tungs­si­tua­ti­on nicht zuletzt mit dem Habi­li­ta­ti­ons­ver­fah­ren, in dem die Qua­li­fi­zie­rungs­schrift eben­so gut­ach­ter­lich zu bewer­ten ist und hier die Pflicht zur Offen­le­gung schon seit Län­ge- rem, auch ver­fas­sungs­ge­richt­lich aner­kannt ist.27 Durch die Offen­le­gung von Gut­ach­ten und Gut­ach­ter­na­men im Ver­wal­tungs­streit­ver­fah­ren wird – so die ein­hel­li­ge Mei- nung – die für die sach­ge­rech­te Beur­tei­lung der­ar­ti­ger Schrif­ten erfor­der­li­che Unab­hän­gig­keit und Unvor­ein- genom­men­heit der Gut­ach­ter nicht beein­träch­tigt. So hat­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für Nord­rhein-West- falen bereits 1972 fest­ge­hal­ten, dass „die Qua­li­fi­ka­ti­on ei- nes Prü­fers – ins­be­son­de­re eines Hochschullehrers –

(118), ver­weist auch auf eige­ne Moti­ve der Gut­ach­ter, wie Ein­fluss­nah­me auf Aus­wahl­ent­schei­dun­gen und „Freund­schafts- dienste“.

27 So bereits OVG Müns­ter (Fn. 17); BVerfG, Kam­mer­be­schluss v. 4.11.2010 – 1 BvR 3389/08, BVerfGK 18, 158 (174 ff.); BVerwG (Fn. 6).

Danz · Offen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men im Wis­sen­schafts­be­reich 2 9 5

not­wen­dig vor­aus­setzt, wis­sen­schaft­li­che Beur­tei­lun­gen frem­der Leis­tun­gen unbe­ein­flusst von der Mög­lich­keit spä­te­rer Kri­tik abzu­ge­ben.“ Von einem Gut­ach­ter müs­se daher „erwar­tet wer­den, daß er sein Votum auch dann mit der nöti­gen Unvor­ein­ge­nom­men­heit abgibt, wenn sei­ne Beur­tei­lung dem Gericht und dem Habi­li­tan­den im Streit­fall vor­zu­le­gen ist.“28 Daher spricht auch vie­les dafür, dass die­ser Grund­satz auch in einem „Qua­si-Prü- fungsverfahren“29 gilt. Dem ist zwar ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass es statt einer fach­li­chen Gesamt­ein­schät­zung in einem Habi­li­ta­ti­ons­ver­fah­ren vor­ran­gig um eine über­prüf­ba­re, sin­gu­lä­re Prü­fungs­be­wer­tung geht und der Ver­gleich daher etwas kurz greift. Im Ergeb­nis ist dies den­noch fol­ge­rich­tig und daher zuzu­stim­men. Eine Gut­ach­te­rin oder ein Gut- ach­ter, die ihre Exper­ti­se in den Dienst der Wis­sen­schafts- ver­wal­tung stel­len, kön­nen daher nicht erwar­ten, dass eine im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren gege­be­nen­falls gewähr­te Anony- mität im ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren fortwirkt.

Wenn die Funk­ti­on des Ver­fah­rens durch eine Offen- legung nicht gefähr­det wer­den kann, ist schließ­lich für das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt auch nicht erkenn­bar, dass das Wohl des Lan­des (oder des Bun­des) als wei­te­rer Hin­de­rungs­grund für eine Offen­le­gung betrof­fen sein könn­te. Um eine sol­che Gefähr­dung oder Beein­träch­ti- gung der Inter­es­sen anneh­men zu kön­nen, müss­te die Bekannt­ga­be des frag­li­chen Inhalts – neben der hier nicht rele­van­ten Gefähr­dung von Leben, Gesund­heit oder Frei­heit von Per­so­nen – die künf­ti­ge staat­li­che Auf- gaben­er­fül­lung erschweren.30 Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Bestand oder die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Staa­tes oder sei­ner wesent­li­chen Ein­rich­tun­gen beein- träch­tigt oder gefähr­det wären.31 Jedoch erfah­ren weder das Bil­dungs­we­sen ins­ge­samt noch die Funk­ti­ons­fä­hig- keit der Hoch­schu­len durch die Bekannt­ga­be der Namen eine Beein­träch­ti­gung, die in Aus­maß und Bedeu­tung der – hier­für erfor­der­li­chen – Gefähr­dung der Funk­ti- ons­fä­hig­keit des Lan­des und der Bedro­hung der inne­ren Sicher­heit nahekäme.

Im Ergeb­nis sind danach auch für das Bun­des­ver­wal- tungs­ge­richt kei­ne sich aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO er- geben­den Grün­de erkenn­bar, auf­grund derer die Offen- legung der Namen in die­sem Fall hät­te abge­lehnt wer­den kön­nen. Damit bleibt es bei der Pflicht zur umfas­sen­den Vor­la­ge aller Doku­men­te und ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Tatsachen.

  1. 28  OVG Müns­ter (Fn. 17).
  2. 29  Det­mer, Kon­kur­ren­ten­streit und Rechts­schutz im Beru­fungs­ver-fah­ren, WissR 28 (1995) 1 (22).
  3. 30  BVerwG, Urteil v. 19.8.1986 – 1 C 7.85, NJW 1987, 202 (205);Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auf­la­ge 2017, § 99 Rdnr. 10; Rudi­si­le, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), Ver­wal­tungs­ge­richts­ord- nung, 33. EL (Juni 2017), § 99 Rdnr. 16; Pos­ser, in: Posser/Wolff, Beck­OK VwGO, 44. Ed. (Stand: 1.7.2016), § 99 Rdnr. 20.1.

III. Bewer­tung der Ent­schei­dung und Fol­gen für die Praxis

Nach­dem die (ober­ge­richt­li­che) Recht­spre­chung schon seit Län­ge­rem der Offen­le­gung von Gut­ach­ten und Gut- ach­ter­na­men den Vor­rang ein­räum­te, hat damit nun auch das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt die­se Auf­fas­sung höchst­rich­ter­lich bestä­tigt, womit die­se Rechts­fra­ge wei- test­ge­hend geklärt sein dürf­te. Die kla­re Ent­schei­dung des Gerichts bezieht sich zwar nur auf das streit­ge­gen- ständ­li­che Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­ren, inner­halb des­sen die Namen der Mit­glie­der einer Ent­schei­dungs­kom­mis­si­on und eines Fach­gut­ach­ters nicht im Sin­ne von § 99 Abs. 2 Satz 2 Alt. 3 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu hal­ten sind, einer in der Pra­xis eher sel­ten auf­tre­ten­den Kons- tel­la­ti­on. Gleich­wohl gehen die vom Gericht auf­ge­stell- ten Grund­sät­ze über die­sen Ein­zel­fall hin­aus, denn der Eva­lu­ie­rung ver­gleich­ba­re Beur­tei­lungs­si­tua­tio­nen gibt es im Wis­sen­schafts­be­reich viel­fach, nament­lich in den Beru­fungs­ver­fah­ren, aber auch ande­re gut­ach­ter­li­che Ver­fah­ren rücken damit in den Fokus. Damit kommt der Ent­schei­dung eine weit über den kon­kre­ten Fall hin­aus- gehen­de Bedeu­tung für die aka­de­mi­sche Selbst­ver­wal- tung ins­ge­samt zu, so dass sie zukünf­tig regel­mä­ßig zitiert wer­den dürf­te. Ein­schrän­kend ist jedoch eben­so fest­zu­hal­ten, wie der Senat aus­drück­lich betont, dass die­se Offen­le­gungs­pflicht nur das gericht­li­che Ver­fah­ren betrifft, nicht dage­gen die (vor­an­ge­hen­den) Ver­wal- tungs­ver­fah­ren, so dass auch die ein­schrän­ken­den gesetz­li­chen Rege­lun­gen in den Hoch­schul­ge­set­zen in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Nord­rhein-West­fa­len oder Thü­rin­gen der Ent­schei­dung nicht ent­ge­gen­ste­hen, son- dern viel­mehr in die­sem Sin­ne ver­fas­sungs­kon­form aus- zule­gen und anzu­wen­den sind.32 Kön­nen daher im Ver- wal­tungs­ver­fah­ren (noch) kei­ne recht­li­chen Ansprü­che gel­tend gemacht wer­den, sind (spä­tes­tens) im Ver­wal­tungs- pro­zess die Namen von Gut­ach­tern offen­zu­le­gen. Inso­fern ist der­je­ni­ge, der eine recht­li­che Über­prü­fung anstrebt, bei ent­ge­gen­ste­hen­der ein­fach­ge­setz­li­cher Rechts­la­ge oder man­geln­der Bereit­schaft der Hoch­schu­len zur Offen­le­gung immer auch gehal­ten, den Rechts­weg zu beschrei­ten, was – auch hier aus Sor­ge um das aka­de­mi­sche Fort­kom­men – durch­aus eine psy­cho­lo­gi­sche Hür­de bedeu­ten dürfte.

Gleich­wohl schafft die höchst­rich­ter­li­che Entsch­ei- dung die nöti­ge Rechts­si­cher­heit, denn auch wenn sich

31 So hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt (Beschluss v. 30.11.2015
– 20 F 7.15, juris; dazu Kuge­le, juris­PR-BVerwG 5/2016, Anm.
6) Nach­tei­le für das Wohl des Bun­des ange­nom­men, wenn die geheim zu hal­ten­den Infor­ma­tio­nen genutzt wer­den könn­ten, um in unlau­te­rer Wei­se auf Ver­wal­tungs­ver­fah­ren ein­zu­wir­ken, die zah­len­mä­ßig und in ihren Fol­ge­wir­kun­gen von bedeu­ten­dem Gewicht sind.

32 So im Ergeb­nis auch Beaucamp/Seifert (Fn. 5) S. 29.

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die aka­de­mi­sche Welt gele­gent­lich in einem rechts­freie- ren Raum wähnt, hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt dem Gren­zen gesetzt und sei­ne gefes­tig­ten Abwä­gungs- kri­te­ri­en zur Ver­wei­ge­rung einer Akten­vor­la­ge kon­se- quent auf den Wis­sen­schafts­be­reich über­tra­gen. Danach über­wiegt auch hier das ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Rechts­schutz­in­ter­es­se des Ein­zel­nen und das öffent­li­che Inter­es­se an effek­ti­ver gericht­li­cher Kon­trol­le gegen­über über­kom­me­nen aka­de­mi­schen Tra­di­tio­nen und Sor­gen. Soweit daher in der Ver­gan­gen­heit Gut­ach­tern die voll- stän­di­ge Anony­mi­tät zuge­si­chert wur­de, gilt dies zu- künf­tig nicht mehr im Hin­blick auf mög­li­che Rechts- schutz­ver­fah­ren. Ob dies dazu führt, dass die Bereit- schaft zur Über­nah­me von Gut­ach­ten nach­lässt, bleibt abzu­war­ten, wahr­schein­lich ist sie nicht, jeden­falls nicht aus die­sem Grund, da die Nach­fra­ge nach gut­ach­ter­li- chen Bewer­tung in Zei­ten von Exzel­lenz, Akkre­di­tie- rung und Dritt­mit­tel­an­trä­gen ins­ge­samt spür­bar zuge- nom­men haben.

IV. Recht auf Akten­ein­sicht und Offen­le­gung der Gut­ach­ter­na­men in den Aus­wahl- und Begut­ach- tungs­ver­fah­ren der Forschungsförderung

Wäh­rend von einer unein­ge­schränk­ten Über­tra­gung der Grund­sät­ze aus der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­wal- tungs­ge­rich­tes vor allem auf Beru­fungs­ver­fah­ren aus­zu- gehen ist, stellt sich jedoch die Fra­ge, ob damit auch in Berei­chen außer­halb von Beru­fun­gen mehr Trans­pa­renz mög­lich ist und bei­spiels­wei­se Rechts­an­sprü­che auf Ein- sicht­nah­men und die Offen­le­gung der Gut­ach­ter­na­men in der Begut­ach­tung von For­schungs­an­trä­gen, nament- lich durch die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft (DFG), bestehen. Auf den ers­ten Blick scheint dies nahe­zu­lie­gen, geht doch das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt von einem umfas­sen­den Rechts­schutz aus und die Argu­men­te, die aus der Sicht der Gerich­te für eine Offen­le­gung bei der wis­sen­schaft­li­chen Begut­ach­tung von Per­so­nen spre- chen oder die­ser nicht ent­ge­gen­ste­hen, könn­ten in glei- cher Wei­se auch auf die Bewer­tung von For­schungs­an- trä­gen ent­spre­chend her­an­ge­zo­gen wer­den. Dies gilt jeden­falls, wenn es sich bei den För­der­mit­tel­ge­bern um

  1. 33  Sie­we­ke, Die Rech­te der Antrag­stel­ler in den För­der­ver­fah­ren der DFG, KritV 2010, S. 49 (52); Dittrich, Bun­des­haus­halts­ord­nung, Kom­men­tar, 52. AL (Stand: Janu­ar 2017), § 44 Rdnr. 79 ff.
  2. 34  Möl­ler, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hoch­schul­recht, 3. Aufl. 2017, S. 897. Zur aktu­el­len Exzel­lenz­stra­te­gie sie­he https://www. gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Papers/Verwal- tungsvereinbarung-Exzellenzstrategie-2016.pdf (zuletzt abge- rufen am 1.6.2018) sowie zur Dis­kus­si­on um die Ver­fas­sungs- mäßig­keit der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve Sie­we­ke, Ver­fas­sungs­recht­li­che Anfor­de­run­gen an die Fort­set­zung der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, DÖV

öffent­lich-recht­li­che Ein­rich­tun­gen han­delt, die Ver­wal- tungs­ak­te erlas­sen und damit die Ver­wal­tungs­ver­fah- rens­ge­set­ze des Bun­des und der Län­der Anwen­dung fin- den oder wenn es sich zumin­dest – so wie dies bei den Pro­jekt­trä­gern der Fall ist – um Belie­he­ne han­delt, die damit in die­sem Umfang hoheit­li­che Auf­ga­ben wahr- nehmen.33 Eng ver­bun­den mit der For­schungs­för­de­rung für die Hoch­schu­len ist jedoch vor allem die DFG, bei der es sich aber gera­de nicht um eine (staat­li­che) Behör- de han­delt und sie auch den Sta­tus als Belie­he­ner nicht inne­hat, der Umfang der For­schungs­för­de­rung jedoch beson­ders hoch ist, sei es im Rah­men der Nor­mal­ver­fah- ren und der koor­di­nier­ten Pro­gram­me oder nicht zuletzt in der der­zeit erneut lau­fen­den Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, mit der För­de­run­gen in Mil­lio­nen­hö­he für Exzel­lenz­clus­ter und Exzel­lenz­hoch­schu­len über vie­le Jah­re ver­teilt wer- den.34

Die nicht­staat­li­che Stel­lung der DFG als der „Selbst- ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on der Wissenschaft“35 soll in ers- ter Linie die not­wen­di­ge Unab­hän­gig­keit vom Staat, der ledig­lich die finan­zi­el­len Rah­men­be­din­gun­gen schafft, sichern, damit allein auf wis­sen­schaft­li­chen Qua­li­täts- kri­te­ri­en von Fach­kol­le­gi­en und Fach­gut­ach­tern die För- derent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den und damit letzt­lich im Gemein­wohl­in­ter­es­se lie­gen­de Auf­ga­ben wirk­sam erfüllt werden.36 Han­delt jedoch kei­ne Behör­de, kön­nen auch die Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­ze kei­ne unmit­tel- bare Anwen­dung fin­den und damit grund­sätz­lich auch kei­ne ein­klag­ba­ren Akten­ein­sichts­rech­te bestehen. So- weit daher Wis­sen­schaft­ler in der Ver­gan­gen­heit ver- sucht hat­ten, eine Ein­sicht­nah­me in die Gut­ach­ten zu För­der­ent­schei­dun­gen gericht­lich zu erstrei­ten, sind sie damit an einer ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen wie zivil­ge- richt­li­chen Recht­spre­chung geschei­tert, die jed­we­de An- sprü­che strikt ablehnt.

So ist für die Ver­wal­tungs­ge­richt bereits der Ver­wal- tungs­rechts­rechts­weg für einen Anspruch aus § 29 VwfG nicht eröff­net, da es sich bei der DFG um eine pri­vat- recht­li­che Orga­ni­sa­ti­on han­delt und selbst wenn sie ihre Auf­ga­ben mit öffent­li­chen Mit­teln erfüllt, sind ihr den- noch kei­ne hoheit­li­chen Befug­nis­se durch oder auf- grund eines Geset­zes über­tra­gen wor­den und sie ist mit-

2009, S. 946; ders., Die Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der Exzel­lenz­in­i­ti- ati­ve des Bun­des und der Län­der, DÖV 2011, S. 435; Wag­ner, Die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve des Bun­des und der Län­der, DÖV 2011, S. 427.

35 http://www.dfg.de/dfg_profil/aufgaben/was_ist_die_dfg/index. html (zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018).

36 Dittrich. (Fn. 33) § 44 Rdnr. 80.2; Tru­te, Die For­schung zwi­schen grund­recht­li­cher Frei­heit und staat­li­cher Insti­tu­tio­na­li­sie­rung, 1994, S. 661 ff.

Danz · Offen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men im Wis­sen­schafts­be­reich 2 9 7

hin kei­ne Beliehene.37 Aber selbst wenn die Tätig­keit der DFG damit grund­sätz­lich der Zustän­dig­keit der ordent- lichen Gerich­te unter­fällt, fehlt es für die Durch­set­zung einer Akten­ein­sicht an einer zivil­recht­li­chen Anspruchs- grundlage.38 In Betracht käme zwar – neben einem An- spruch aus Treu und Glau­ben gemäß § 242 BGB, durch den die Grund­rech­te, nament­lich die Wis­sen­schafts­frei- heit aus Art. 5 Abs. 3 GG, auch ins Zivil­recht aus­st­rah- len39 – vor allem ein dem Akten­ein­sichts­recht ver­gleich- barer Anspruch auf Ein­sicht­nah­me in Urkun­den aus § 810 BGB, ein hier­für not­wen­di­ges recht­li­ches Inter­es­se wird aber regel­mä­ßig von den Zivil­ge­rich­ten verneint.40 So hat­te bereits das Land­ge­richt Bonn in einer Entsch­ei- dung aus dem Jahr 2001 einen aus den Grund­rech­ten ab- gelei­te­ten zivil­recht­li­chen Anspruch auf Akten­ein­sicht in die Unter­la­gen des Ombuds­man der DFG41 abge- lehnt, da der Ombuds­mann gera­de nicht im staat­li­chen Auf­trag tätig wer­de. Auch wenn die grund­ge­setz­lich ga- ran­tier­ten Rech­te des Ein­zel­nen auf die Bezie­hun­gen der Bür­ger unter­ein­an­der aus­strah­len, genügt dies nicht, um ein recht­li­ches Inter­es­se im Sin­ne von § 810 BGB zu be- gründen.42 Zudem leh­nen die Zivil­ge­rich­te nicht nur die unmit­tel­ba­re, son­dern auch die ana­lo­ge Anwen­dung von § 29 VwVfG ab. Selbst wenn staat­li­che Auf­ga­ben in pri- vat­recht­li­cher Form erbracht wer­den, hat der Gesetz­ge- ber den­noch die ver­fah­rens­recht­li­chen Rege­lun­gen ganz auf die Tätig­keit der hoheit­lich agie­ren­den Behör­den zu- geschnitten.43 Nicht zuletzt wird mit Ver­weis auf das seit 2005 bestehen­de Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz bereits eine plan­wid­ri­ge Rege­lungs­lü­cke abge­lehnt, da danach auch gegen Behör­den, die sich einer juris­ti­schen Per­son des

  1. 37  VG Köln, Beschluss v. 8.3.2004 – 16 K 9090/03, WissR 2004, 178 (Leit­satz); Beschluss v. 8.6.2005 – 27 K 1413/05, n.v.; LG Bonn, Beschluss v. 23.9.2008 – 5 S 118/08, juris; Dittrich (Fn. 33) Rdnr. 80.2 mit Ver­weis auf OVG Müns­ter, Beschluss v. 14.12.1981 – 1 B 1514/81, n.v.
  2. 38  AG Bonn, Urteil v. 21.12.2005 – Az. 9 C 390/05, juris. Klä­ger in dem Ver­fah­ren war der Che­mie-Pro­fes­sor Har­ro Lentz, des­sen Fall auch eine media­le Auf­merk­sam­keit erlang­te (so u.a. Spie­gel- Online vom 17. Janu­ar 2006, „Das gehei­me Mil­li­ar­den­spiel“, http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/forschungsfoer- derung-das-geheime-milliardenspiel-a-394373.html [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]).
  3. 39  Zur Dritt­wir­kung der Grund­rech­te im Zivil­recht Zip­pe­li­us/Wür- ten­ber­ger, Deut­sches Staats­recht, 32. Aufl. 2008, § 18 Rdnr.14 ff. (S. 190 ff.), insb. Rdnr. 22 (S. 192).
  4. 40  LG Bonn, Beschluss v. 23.9.2008 – 5 S 118/08, juris.
  5. 41  2010 in „Ombuds­mann für die Wis­sen­schaft“ umbe­nannt, sie­he­hier­zu http://www.dfg.de/foerderung/grundlagen_rahmenbedin-gungen/gwp/ombudsman/ (zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018).
  6. 42  LG Bonn, Urteil v. 3.7.2001– 18 O 25/01, NJW 2002, 3260.
  7. 43  So bereits ohne nähe­re Begrün­dung BGH, Urteil v. 8.4.1981 –VIII ZR 98/80, NJW 1981, 1733.
  8. 44  LG Bonn (Fn. 40). So auch Sie­we­ke (Fn. 33) S. 58 f., wonach sich­der Infor­ma­ti­ons­zu­gang gegen die hin­ter der DFG ste­hen­de finan­zie­ren­de Behör­de rich­tet. Ableh­nend Groß/Karaalp, Über-

Pri­vat­rechts zur Erfül­lung ihrer öffent­lich-recht­li­chen Auf­ga­ben bedie­nen (§ 1 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG) ein­klag­ba­re Rech­te bestehen.44

Auf­grund die­ser rechts­dog­ma­tisch kon­se­quen­ten, aber den­noch als unbe­frie­di­gend emp­fun­de­ne Recht- spre­chung wird daher in der Lite­ra­tur ver­sucht, basie- rend auf der Idee des Verwaltungsprivatrechts,45 ver­wal- tungs­ver­fah­rens­recht­li­che Ansprü­che jen­seits einer un- mit­tel­ba­ren oder ent­spre­chen­den Anwen­dung der Ver- wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­ze zu begrün­den, da in die­sen ein­zel­nen Ansprü­chen all­ge­mein­gül­ti­ge Rechts­ge­dan- ken und Rechts­grund­sät­ze zum Aus­druck kämen.46 Trotz ihrer Pri­vat­rechts­sub­jek­ti­vi­tät erfüllt die DFG, ohne Ver­wal­tungs­hel­fer oder Belie­he­ne zu sein, unbe- strit­ten eine im öffent­li­chen Inter­es­se lie­gen­de Auf­ga­be, so dass sie inso­fern (auch) einer Grund­rechts­bin­dung unterliege.47 Die­se erge­be sich aus einer tat­säch­li­chen Staats­nä­he, die sich neben der fast aus­schließ­li­chen staat­li­chen Finan­zie­rung vor allem aus dem staat­li­chen Ein­fluss bei den (Förder-)Entscheidungen und damit ei- ner orga­ni­sa­ti­ons­recht­li­chen Beherr­schung zei­ge, denn nicht nur staat­li­che Ver­tre­ter sit­zen in den zur Entsch­ei- dung beru­fe­nen Gre­mi­en, auch (staat­li­che) Hoch­schu- len und öffent­lich-recht­li­che For­schungs­ein­rich­tun­gen selbst sind dar­in Mitglieder.48 Inso­fern sei die DFG der staat­li­chen Sphä­re zuzu­ord­nen, so dass deren Tätig­keit eine Form der Aus­übung von Staats­ge­walt darstelle.49 Dar­aus resul­tie­ren wie­der­um öffent­lich-recht­li­che Bin- dun­gen und die ohne­hin bestehen­den pri­vat­recht­li­chen Rege­lun­gen wer­den nicht nur durch öffent­lich-recht­li- che Rege­lun­gen ergänzt oder auch über­la­gert und modi-

trag­bar­keit ver­wal­tungs­recht­li­cher Ver­fah­rens­grund­sät­ze auf

DFG-Ver­fah­ren, DVBl. 2010, S. 1135 (1142).
45 Zippelius/Würtenberger (Fn. 39) § 18 Rdnr. 8 (S. 189).
46 BGH, Urteil v. 17.6.2003 – XI ZR 195/02, NJW 2003, 2451; Sie­we-

ke (Fn. 33) S. 53 f., 57; Tru­te (Fn. 36) S. 689; Kopp/Ramsauer (Fn.

1) § 29 Rdnr. 5.
47 Gär­ditz, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Hand­buch des Staatsrechts

der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, 3. Aufl. 2011, Band IX, § 189,

Rdnr. 61; Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1139 f.; Sie­we­ke (Fn. 33) S. 57. 48 Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1139. Sie­we­ke (Fn. 33) S. 55 f., dif­fe­ren- ziert bezüg­lich des staat­li­chen Ent­schei­dungs­ein­flus­ses zwischen

den Nor­mal­ver­fah­ren, bei dem auf­grund der Mehr­heits­ver­hält- nis­se kei­ne staat­li­che gelenk­te Ent­schei­dung mög­lich ist, und den koor­di­nier­ten Pro­gram­men, bei denen die staat­li­chen Ver­tre­ter zumin­dest eine Sperr­mi­no­ri­tät hät­ten, so dass gegen sie kei­ne Ent­schei­dung mög­lich und damit ein aus­rei­chen­der staat­li­cher Ein­fluss zu beja­hen sei.

49 Dies wür­de auf­grund der in der Bund-Län­der-Ver­ein­ba­rung vom 19. Okto­ber 2016 (https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redak- tion/­Do­ku­men­te/­Pa­per­s/­Ver­wal­tungs­ver­ein­ba­rung-Exzel­lenz- strategie-2016.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]) fest­ge­leg­ten Zweck­bin­dung der För­der­mit­tel damit im Ergeb­nis auch für die aktu­el­le Exzel­lenz­stra­te­gie, die der Exzel­lenz­in­itia­ti­ve nach­folg­te, gelten.

298 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 291–300

fiziert,50 son­dern die­se „Halbstaatlichkeit“51 führt zu- gleich zu einer Grund­rechts­bin­dung, was nicht zuletzt mit dem die Flucht ins Pri­vat­recht aus­schlie­ßen­den Grund­satz kon­tras­tiert wird.52 Selbst wenn die Ver­fah- rens­ge­set­ze (des Bun­des oder der Län­der) weder unmit- tel­bar noch ana­log ange­wen­det wer­den, da sich an der pri­vat­recht­li­chen Natur der DFG nichts ändert, sol­len zumin­dest wesent­li­che Ver­fah­rens­rech­te und ‑grund­sät- ze bei den Aus­wahl­ent­schei­dun­gen Anwen­dung fin- den.53 Neben Anhö­rungs- und Begrün­dungs­pflich­ten, dem Grund­satz der Unpar­tei­lich­keit und einer Rechts- schutz­ge­wäh­rung betrifft dies vor allem den unge­hin- der­ten und voll­stän­di­gen Zugang zu Infor­ma­tio­nen und Offen­le­gung der Gut­ach­ter­na­men im Rah­men einer Akteneinsicht.54

Mit der Sta­tu­ie­rung sol­cher wesent­li­chen Ver­fah- rens­rech­te soll nicht zuletzt dem Ver­dacht von Will­kür und Miss­brauch ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den, die auf­grund feh­len­der Trans­pa­renz gele­gent­lich unter­stellt werden.55 Mit Ver­weis auf inter­na­tio­na­le Stan­dards und einer brei- ten Akzep­tanz des Ver­fah­rens unter den Wis­sen­schaft- lern wider­spricht dem die DFG zwar regel­mä­ßig und ver­weist hier­zu auf bestehen­de (inter­ne) Kon­troll­me­cha- nis­men, die die fach­li­che Gut­ach­ter­aus­wahl betref­fen und zudem die Beach­tung von Befan­gen­heits­re­ge­lun­gen sowohl für die Gut­ach­ter wie auch den Mit­glie­dern der Fach­kol­le­gi­en (in den Nor­mal­ver­fah­ren) und der Bewil- ligungs­aus­schüs­se (in den koor­di­nier­ten Pro­gram­men) zwin­gend vorschreibt.56 Nicht zuletzt wer­den die schrift- lichen Gut­ach­ten im Fal­le einer Ableh­nung in der Regel voll­stän­dig, wenn auch anony­mi­siert wiedergegeben.57 An der Nicht­of­fen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men hält die

  1. 50  Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Ver­wal­tungs­recht I, 13. Aufl. 2017, § 23 Rdnr. 62.
  2. 51  Tru­te (Fn. 36) S. 661.
  3. 52  Kopp/Ramsauer (Fn. 1) Ein­füh­rung I, Rdnr. 51; sie­he auch Groß/Kar­aalp (Fn. 44) S. 1140, die umge­kehrt auch kon­se­quent ein­eGrund­rechts­be­rech­ti­gung der DFG ablehnen.
  4. 53  Kopp/Ramsauer (Fn. 1) Ein­füh­rung I, Rdnr. 51a.
  5. 54  Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1141 ff.; Sie­we­ke (Fn. 33) S. 58 ff.
  6. 55  Sie­he hier­zu ins­be­son­de­re die Kon­tro­ver­se zwi­schen dem Hei-del­ber­ger Lite­ra­tur­pro­fes­sor Roland Reuß, unter­stützt durch den Münch­ner Rechts­wis­sen­schaft­ler Vol­ker Rieb­le, u.a. Reuß/Rieble, Die freie Wis­sen­schaft ist bedroht, FAZ vom 19. Okto­ber 2011 (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/kri- tik-an-der-dfg-die-freie-wissenschaft-ist-bedroht-11497511.html [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]) und der DFG, Stel­lung­nah­me zum Bei­trag „Die Frei­heit der Wis­sen­schaft ist bedroht“ von Roland Reuß und Vol­ker Rieb­le (http://www.dfg.de/download/ pdf/dfg_im_­pro­fil/­re­den_stel­lung­nah­men/2011/stel­lung­nah- me_zu_faz_artikel _111027.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]).
  7. 56  Hin­wei­se für die schrift­li­che Begut­ach­tung, DFG-Vor­druck 10.20 – 02/16, Punkt IV Ziff. 3 (https://www.dfg.de/formu- lare/10_20/10_20_de.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]); Rah­men­ge­schäfts­ord­nung (Rah­men­GO) für Fach­kol­le­gi­en, DFG-Vor­druck 70.02 – 03/16, Ziff. 10 (https://www.dfg.de/

DFG jedoch unbe­irrt fest und ver­pflich­tet auch die Gut- ach­ter selbst zur Vertraulichkeit.58 Die­ses Ver­fah­rens- wei­se wird mit der Annah­me begrün­det, dass Gut­ach­ter nur dann zur Begut­ach­tung bereit sei­en und eine objek- tives Votum abge­ben könn­ten, wenn ihnen Ver­trau­lich- keit zuge­si­chert wird und sie dadurch unab­hän­gig und unvor­ein­ge­nom­men För­der­an­trä­ge beur­tei­len kön­nen. Inso­fern ist die man­gel­haf­te Trans­pa­renz dem Gegen- stand der Begut­ach­tung geschul­det und damit sys­tem­be- dingt und sys­tem­re­le­vant, denn wäh­rend in einem Beru- fungs- oder Eva­lu­ie­rungs­ver­fah­ren das bis­he­ri­ge wis­sen- schaft­li­che Werk oder in einem Habi­li­ta­ti­ons­ver­fah­ren die Qua­li­fi­zie­rungs­schrift des zu Begut­ach­ten­den bewer- tet wird und mit dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt auch erwar­tet wer­den kann, dass man sich der wis­sen­schaft­li- chen Aus­ein­an­der­set­zung stellt, geht es bei För­der­an­trä- gen zunächst nur um eine Pro­gno­se­ent­schei­dung zur wis­sen­schaft­li­chen Rele­vanz eines Pro­jek­tes und damit um ein in der Zukunft lie­gen­des Ergeb­nis. Vor allem aber, und da zeigt sich in beson­de­rer Wei­se der Unter- schied zum Beru­fungs­ver­fah­ren, kön­nen die­je­ni­gen, die För­der­an­trä­ge Drit­ter begut­ach­ten, auch selbst Antrag- stel­ler (im Nor­mal­ver­fah­ren) oder an Anträ­gen als Prin- cipal Inves­ti­ga­tors (PI) in koor­di­nier­ten Pro­gram­men betei­ligt sein und damit dann selbst begut­ach­tet wer­den. Eine Namens­trans­pa­renz kann daher – nach­voll­zieh­bar – einen Ver­hal­tens- und Erwar­tungs­druck ver­ur­sa­chen, der eine offe­ne, distan­zier­te und kri­ti­sche Befas­sung mit For­schungs­an­trä­gen wie­der­um nahe­zu unmög­lich macht.59 Damit wür­de aber letzt­lich die Funk­ti­ons­fä­hig- keit des gesam­ten Begut­ach­tungs­sys­tems gefähr­det wer- den. Dage­gen birgt die Anony­mi­tät den unverkennbaren

formulare/70_02/70_02.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]), mit Ver­weis auf die Hin­wei­se der DFG zu Fra­gen der Befan­gen­heit, DFG-Vor­druck 10.201 – 04/10 (https://www.dfg.de/formula- re/10_201/10_201_de.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]); § 4 der Geschäfts­ord­nung der Bewil­li­gungs­aus­schüs­se für die Gra- duier­ten­kol­legs und Son­der­for­schungs­be­rei­che der DFG (http:// www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/gremien/hauptaus- schuss/sfb_ausschuss/geschaeftsordnung_grk_sfb_ausschuss.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]); Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1137.

57 Dies betrifft sowohl die Nor­mal­ver­fah­ren wie auch die koor­di- nier­ten Ver­fah­ren, auch wenn in den koor­di­nier­ten Pro­gram­men die Begut­ach­tungs­grup­pe selbst bei der Bege­hung der antrag­s­tel- len­den Ein­rich­tung ins­ge­samt anwe­send und damit nament­lich bekannt ist.

58 Sie­he Hin­wei­se für die schrift­li­che Begut­ach­tung, DFG-Vor­druck 10.20 – 02/16, Punkt III, IV Ziff. 1 (https://www.dfg.de/formula- re/10_20/10_20_de.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018]) sowie Hin­wei­se zur Begut­ach­tung von Anträ­gen im Pro­gramm Son­der- for­schungs­be­rei­che, DFG-Vor­druck 60.14 – 0/16, Punkt II Ziff. 1 (www.dfg.de/formulare/60_14/60_14_de.pdf [zuletzt abge­ru­fen am 1.6.2018].

59 Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1142 mit Ver­weis auf Horn­bos­tel/Ol- brecht, Peer Rewiew in der DFG: Die Fach­kol­le­gia­ten, ifQ-Wor- king Paper No. 2 (Novem­ber 2007), S. 50 ff., 81.

Danz · Offen­le­gung von Gut­ach­ter­na­men im Wis­sen­schafts­be­reich 2 9 9

Vor­teil, dass sie nicht nur vor Rück­sicht­nah­me gegen- über Freun­den und den ein­fluss­rei­chen Prot­ago­nis­ten des Fach­be­reichs schützt, son­dern auch jen­seits des wis- sen­schaft­li­chen Main­streams krea­ti­ven und ori­gi­nel­len Pro­jekt­an­trä­gen eher eine Chan­ce gege­ben würde.60 Für den Erfolg des durch die DFG reprä­sen­tier­ten Wis­sen- schafts­sys­tem ist daher ein hohes Maß an Auto­no­mie und Distanz zu staat­li­chen Steue­rungs­in­ter­es­sen, die ih- ren Aus­druck in der Ver­trau­lich­keit der Gut­ach­ter­na- men fin­det, uner­läss­lich. Die Nach­tei­le einer völ­li­gen Of- fen­heit sind auch nicht von der Hand zu wei­sen, so dass sich die in der Ver­wal­tungs­recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Grund­sät­ze nicht nur aus for­ma­len Grün­den nicht auf das Pri­vat­rechts­sub­jekt DFG über­tra­gen las­sen kön­nen, son­dern auch inhalt­li­che Aspek­te gegen eine voll­stän­di- geOffenlegungsprechen.DajedesingewisserWeisein- trans­pa­ren­te Ver­fah­ren auch Gefähr­dun­gen unter­liegt und eine feh­len­de Kon­trol­le Miss­brauchs- und Feh­lent- schei­dun­gen beför­dern könn­te, nicht zuletzt da bei ab- leh­nen­den Ent­schei­dun­gen über eine För­de­rung die Wis­sen­schafts­frei­heit aus Art. 5 Abs. 3 GG berührt wird,61 sind somit aus­rei­chen­de Kon­troll­me­cha­nis­men inner­halb der DFG vor­zu­se­hen, bei­spiels­wei­se durch ein Ombuds- und Beschwer­de­gre­mi­um, das bei tat­säch­li- chen und begrün­de­ten Anhalts­punk­ten für eine nicht wis­sen­schafts­ad­äqua­te För­der­ent­schei­dung eine Begut- ach­tung durch wei­te­re Gut­ach­ter ver­an­lasst, wobei eine Offen­le­gung der Namen in die­sem Fall nicht zwin­gend gebo­ten wäre.62

Eine dar­über hin­aus­ge­hen­de „Lücken­fül­lung“ durch die Über­tra­gung von Ver­fah­rens­rech­ten sch­ei- det dage­gen (noch) aus, da es hier­für an einer gesetz- lichen Grund­la­ge fehlt, auch und gera­de im Ver­gleich zu ande­ren euro­päi­schen Ländern63 oder der euro­pä- ischen Uni­on im Rah­men des Euro­pean Rese­arch Coun­cil. Offen­heit und Trans­pa­renz kann inso­fern nur de lege feren­da erreicht wer­den und dem par­la- men­ta­ri­schen Gesetz­ge­ber wur­de bereits eine „be- denkliche“64 Untä­tig­keit hin­sicht­lich die­ser defi­zi­tä- ren Situa­ti­on vor­ge­wor­fen sowie eine Pflicht zuge­wie- sen, zum Schutz der Grund­rech­te der betrof­fe­nen Wis­sen­schaft­ler Ver­fah­rens­rech­te zu erlassen.65 Dem Gesetz­ge­ber wäre es hier auch ohne wei­te­res mög­lich, gesetzgeberischtätigzuwerden,alleinesfehlendafür

  1. 60  Neid­hardt, Feh­ler­quel­len und Feh­ler­kon­trol­len in den Begut­ach- tungs­sys­te­men der Wis­sen­schaft, in: Hornbostel/Simon (Hrsg.), Wie viel (In-)Transparenz ist not­wen­dig, ifQ-Working Paper No. 1 (Dezem­ber 2006), S. 7 (8).
  2. 61  Sie­we­ke (Fn. 33) S. 59 f.
  3. 62  Wil­den, Die Erfor­der­lich­keit gesetz­li­cher Rege­lun­gen für die­au­ßer­uni­ver­si­tä­re For­schung und die For­schungs­för­de­rung, 2009,S. 105.
  4. 63  Zu nen­nen sind hier der Danish Rese­arch Coun­cil (sie­he Horn-

die Anzei­chen. Jedoch müss­ten auch die­se Rege­lun- gen das sen­si­ble Sys­tem der Ver­trau­lich­keit zu wah­ren ver­su­chen und so neben einem fai­ren und chan­cen- glei­chen Ver­fah­ren auch das Ver­trau­en in die Unab- hän­gig­keit der Ent­schei­dun­gen für deren Akzep­tanz in der wis­sen­schaft­li­chen Gemein­schaft berücksichtigen.

V.Fazit

„Es ist zu hof­fen, daß sich künf­tig auch in die­sem Bereich staat­li­chen Han­delns die Ten­denz zu grö­ße­rer Offen­heit gegen­über den Betrof­fe­nen durch­set­zen wird“, 66 so das pro­gram­ma­ti­sche Resü­mee Hans Peter Bulls in sei­ner Bespre­chung zum Beschluss des Ham­bur­gi­schen Ober- ver­wal­tungs­ge­richt aus dem Jah­re 1986, in dem das Gericht schon sei­ner­zeit kei­nen Ver­wei­ge­rungs­grund sah, Gut­ach­ten in Beru­fungs­ver­fah­ren geheim zu hal- ten.67 Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat mit sei­ner Ent- schei­dung drei Jahr­zehn­te spä­ter nicht nur die­se Auf­fas- sung nun­mehr nach­drück­lich bestä­tigt, son­dern damit einen all­ge­mei­nen Rechts­satz for­mu­liert, dass Gut­ach- ten, die die wis­sen­schaft­li­che Leis­tung einer Per­son betref­fen, weder nach einem Gesetz noch ihrem Wesen nach geheim­hal­tungs­be­dürf­tig sind. In gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen soll­te dies daher zukünf­tig kei­ner wei­te­ren Dis­kus­si­on bedür­fen. Für die Ver­wal­tungs- und ins­be­son­de­re Wider­spruchs­ver­fah­ren gilt dies dage­gen nicht unmit­tel­bar, die Ent­schei­dung könn­te dem Gesetz- geber wie den Hoch­schu­len jedoch Anlass geben, auch hier zu mehr Trans­pa­renz zu gelan­gen, um dem Wunsch Bulls auch da Wirk­lich­keit wer­den zu las­sen. Was schließ­lich die Begut­ach­tungs­ver­fah­ren in Wis­sen- schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen wie die DFG anbe­langt, ste­hen einer völ­li­gen Offen­le­gung und Trans­pa­renz nicht nur rechts­dog­ma­ti­sche Grün­de ent­ge­gen, auf­grund der die Recht­spre­chung nicht anders ent­schei­den kann, son­dern auch Grün­de der Siche­rung der damit ver­bun­de­nen wis- sen­schafts­ad­äqua­ten Zie­le. Möch­te man unab­hän­gi­ge Ent­schei­dun­gen zur For­schungs­för­de­rung, wird man nicht umhin­kom­men, Gut­ach­ter zu schüt­zen und die­sen Schutz in der vor­zu­neh­men­den Abwä­gung der Inte­res- sen auch höher zu gewich­ten. Die not­wen­di­ge Miss- brauchs- und Will­kür­kon­trol­le kann man­gels einer

bostel/Olbrecht [Fn. 59] S. 50), in Frank­reich die Agence Natio­na­le de la recher­che sowie die Öster­rei­chi­sche For­schungs­för­de­rungs- gesellschaft.

64 Sie­we­ke (Fn. 33) S. 63.
65 Gär­ditz (Fn. 47) Rdnr. 62; Groß/Karaalp (Fn. 44) S. 1140; Wilden

(Fn. 62) S. 105 f.
66 Bull (Fn. 25) S. 119.
67 OVG Ham­burg (Fn. 14).

300 ORDNUNG DER WISSENSCHAFT 4 (2018), 291–300

recht­li­chen Grund­la­ge nur durch ent­spre­chen­de Ver­fah- ren inner­halb der DFG gewähr­leis­tet werden.

Ste­fan Danz ist Lei­ter des Rechts­am­tes und Jus­ti­zi­ar der Fried­rich-Schil­ler-Uni­ver­si­tät Jena. Der Bei­trag gibt sei­ne per­sön­li­che Auf­fas­sung wieder.