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Koope­ra­tio­nen zwi­schen Uni­ver­si­tä­ten und außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen prä­gen die deut­sche Wis­sen­schafts­land­schaft. Gemein­sa­me Beru­fun­gen und die adäqua­te Aus­ge­stal­tung der sie beglei­ten­den Beru­fungs­ver­fah­ren sind bei die­sen Koope­ra­tio­nen eben­so unent­behr­lich wie kom­plex. Zur Umset­zung gemein­sa­mer Beru­fun­gen haben sich Model­le für die Bereit­stel­lung und Beset­zung von Pro­fes­su­ren eta­bliert, die aller­dings – abhän­gig von ihrer kon­kre­ten Aus­ge­stal­tung – unter­schied­li­che und zahl­rei­che Rechts­pro­ble­me auf­wer­fen.
Ange­sichts die­ser Aus­gangs­la­ge befass­te sich der Ver­ein zur För­de­rung des deut­schen & inter­na­tio­na­len Wis­sen­schafts­rechts in einer zwei­tä­gi­gen Online-Ver­an­stal­tung am 11. und 12. Dezem­ber 2021 mit der Fra­ge, ob und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen das Sys­tem der gemein­sa­men Beru­fun­gen noch zukunfts­fä­hig ist. Die Refe­ren­tIn­nen erör­ter­ten grund­sätz­li­che stra­te­gi­sche und recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen, beleuch­te­ten all­ge­mei­ne und spe­zi­el­le wich­ti­ge Pro­ble­me gemein­sa­mer Beru­fun­gen und Beru­fungs­ver­fah­ren eben­so wie die Not­wen­dig­keit und Mög­lich­kei­ten der Ent­wick­lung und Erpro­bung neu­er Model­le gemein­sa­mer Beru­fun­gen, um die Zukunfts­fä­hig­keit des Sys­tems gemein­sa­mer For­schungs­ko­ope­ra-tio­nen gewähr­leis­ten zu können.1
I. War­um gemein­sa­me Beru­fun­gen?
Prof. Dr.-Ing. Mat­thi­as Klei­ner, Prä­si­dent der Leib­niz-Gemein­schaft, führ­te zu Beginn sei­nes Vor­tra­ges aus, seit Ein­füh­rung des Karls­ru­her Modells der gemein­sa­men Beru­fun­gen sei eine umfas­sen­de Koope­ra­ti­on zwi­schen Hoch­schu­len und außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen erblüht, die für alle Betei­lig­ten einen Mehr­wert bie­te, der mehr als die Sum­me der ein­zel­nen Tei­le („Stei­ge­rung der Attrak­ti­vi­tät der jewei­li­gen Hoch­schu­le“ auf der einen und „Spe­zia­li­sie­rung der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung“ auf der ande­ren Sei­te) sei. Dies wer­de auch im inter­na­tio­na­len Kon­text aner­kannt. Zwar ken­nen vie­le Staa­ten gemein­sa­me Beru­fun­gen nicht, die­se Staa­ten erken­nen jedoch die Not­wen­dig­keit, die „Ver­säu­lung ihres Wis­sen­schafts­sys­tems“ auf­zu­bre­chen.
Zusam­men­fas­send wid­me­te sich Klei­ner der Fra­ge, was das Sys­tem der gemein­sa­men Beru­fun­gen attrak­tiv mache. In der Leib­nitz Gemein­schaft wer­den gemein­sa­me Beru­fun­gen als „Nukle­us pro­fi­lier­ter Wis­sen­schafts­stand­or­te und als Instru­men­te ver­stan­den, um Leucht­turm­pro­jek­te von inter­na­tio­na­ler Sicht­bar­keit“ zu ent­wi­ckeln. Hoch­schu­len kön­nen durch gemein­sa­me Beru­fun­gen ihr Lehr­an­ge­bot erwei­tern, Zugang zu spe­zi­el­len For­schungs­in­fra­struk­tu­ren und zu beson­de­rer wis­sen­schaft­li­cher Exper­ti­se erhal­ten und dadurch ihr For­schungs­pro­fil wei­ter schär­fen. Außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tun­gen gewin­nen mit­tels gemein­sa­mer Beru­fun­gen frü­hen Kon­takt zu jun­gen Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, ermög­li­chen den eige­nen Wis­sen­schaft­le­rIn­nen eine Qua­li­fi­ka­ti­on in der Leh­re und erhal­ten die Mög­lich­keit zur inter­na­tio­na­len Ver­net­zung sowie zur Betreu­ung von Pro­mo­tio­nen. Im Ergeb­nis sei daher jede gemein­sa­me Beru­fung ein Gewinn.
Es müs­se aller­dings auch der Blick auf die Hür­den und Hemm­nis­se gemein­sa­mer Beru­fun­gen gerich­tet wer­den. Die zu beob­ach­ten­de „gewis­se Müdig­keit“ sei­tens der Hoch­schu­len zur Umset­zung gemein­sa­mer Beru­fun­gen habe viel­fäl­ti­ge Ursa­chen: Eine gemein­sa­me Beru­fung rech­ne sich aus finan­zi­el­ler Sicht der Uni­ver­si­tät schein­bar nicht. Auch die Angst der Hoch­schu­len vor der Beset­zung „nor­ma­ler“ Pro­fes­su­ren durch außer­uni­ver­si­tä­re For­sche­rIn­nen sei zu erken­nen. Die­ser Befürch­tung kön­ne aber durch eine gute Ver­net­zung und Ein­bin­dung wirk­sam begeg­net wer­den.
Wenn die Erfolgs­fak­to­ren (Beach­tung der Schnitt­men­ge stra­te­gi­scher Inter­es­sen, gemein­sa­mes Ver­ständ­nis wis­sen­schaft­li­cher Qua­li­tät, Klar­heit über die jewei­li­gen Inter­es­sen, Zuwei­sung von Rol­len und Hand­lungs­spiel­räu­men durch kla­re Regeln sowie die Her­stel­lung von Trans­pa­renz) und eini­ge prak­ti­sche Regeln beach­tet wer­den, loh­ne sich jede gemein­sa­me Beru­fung.
Chris­toph Pins­dorf
Haben gemein­sa­me Beru­fun­gen Zukunft?
Bericht über die Tagung des Ver­eins zur För­de­rung des deut­schen und inter­na­tio­na­len Wis­sen­schafts­rechts e.V. am 11. und 12. Dezem­ber 2021
1 Eine aus­führ­li­che Ver­si­on des Tagungs­be­richts ist auf der Inter­net­sei­te des Ver­eins zur För­de­rung des deut­schen & inter­na­tio­na­len Wis­sen­schafts­rechts e.V. unter fol­gen­dem Link zu fin­den: https://www.verein-wissenschaftsrecht.de/publikationen.html.
Ord­nung der Wis­sen­schaft 2022, ISSN 2197–9197
1 3 6 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 2 ) , 1 3 5 — 1 4 2
2 Eine Teil­be­ur­lau­bung von Beam­tIn­nen ist nicht in allen Bun­de­län­der
mög­lich.
Gemein­sa­me Beru­fun­gen sei­en sys­tem­re­le­vant. Die
engen, durch For­scher­per­sön­lich­kei­ten getra­ge­nen Ver­bin­dun­gen
sei­en ein wich­ti­ger Bau­stein dafür, die Attrak­ti­vi­tät
und Zukunfts­fä­hig­keit des Wis­sen­schafts­stand­orts
Deutsch­land zu erhal­ten und einen wich­ti­gen
Bei­trag zur Lösung der gewal­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen
unse­rer Zeit zu leis­ten.
II. Gemein­sa­me Beru­fun­gen als Stand­ort­fra­ge
Prof. Oli­ver Gün­ther, Ph.D., Prä­si­dent der Uni­ver­si­tät
Pots­dam, stell­te zu Beginn sei­nes Vor­tra­ges eini­ge Fak­ten
zur Uni­ver­si­tät Pots­dam dar: Dem Anstieg der Stu­die­ren­den­an­zahl
um 10 % seit dem Jahr 2012 ste­he ein
Per­so­nal­zu­wachs von 30 % gegen­über. Her­vor­zu­he­ben
sei ins­be­son­de­re die von 60 im Jahr 2012 auf gegen­wär­tig
110 gestie­ge­ne Zahl der gemein­sam beru­fe­nen Pro­fes­so­rIn­nen.
In der Fol­ge rich­te­te Gün­ther den Fokus auf die 110
gemein­sam beru­fe­nen Wis­sen­schaft­le­rIn­nen an der Uni­ver­si­tät
Pots­dam, die an 31 außer­uni­ver­si­tä­ren Insti­tu­ten
tätig sei­en. Her­aus­zu­stel­len sei das Has­so-Platt­ner-Insti­tut,
auf das 29 der 110 gemein­sa­men Beru­fun­gen beson­de­rer
Prä­gung ent­fal­len. Im Ergeb­nis habe die Uni­ver­si­tät
Pots­dam bis auf weni­ge Aus­nah­men durch­weg posi­ti­ve
Erfah­run­gen mit dem Insti­tut der gemein­sa­men Beru­fun­gen
gemacht. Die Koope­ra­ti­on mit den
außer­uni­ver­si­tä­ren Part­nern habe einen wesent­li­chen
Teil zum Erfolg der Uni­ver­si­tät bei­getra­gen.
Im Fol­gen­den ging Gün­ther näher auf das inno­va­ti­ve
Modell der Grün­dung der Digi­tal Engi­nee­ring Fakul­tät
ein, die gemein­sam vom Has­so-Platt­ner-Insti­tut und der
Uni­ver­si­tät Pots­dam getra­gen wer­de. Mög­lich sei die
Grün­dung die­ser Fakul­tät erst auf­grund des deutsch­land­weit
ein­zig­ar­ti­gen § 71 Abs. 4 des Bran­den­bur­gi­schen
Hoch­schul­ge­set­zes (BbgHG) gewor­den.
In sei­ner Schluss­be­trach­tung beton­te Gün­ther, das
von der Uni­ver­si­tät Pots­dam „sehr inten­siv und sehr ger­ne“
genutz­te Insti­tut der gemein­sa­men Beru­fun­gen als
Struk­tur­mo­dell habe gehol­fen, als größ­te und for­schungs­stärks­te
Uni­ver­si­tät des Lan­des Bran­den­burg
noch sicht­ba­rer zu wer­den. Ein star­ker exter­ner Part­ner
sei­en Prof. Has­so Platt­ner und sei­ne Stif­tung, die die Ein­rich­tung
eines inter­na­tio­nal sicht­ba­ren Schwer­punkts
ermög­li­chen.
Nicht ver­schwei­gen dür­fe man aller­dings auch die
Her­aus­for­de­run­gen bei gemein­sa­men Beru­fun­gen: So
sei zu bekla­gen, dass es immer noch zahl­rei­che wis­sen­schaft­li­che
Publi­ka­tio­nen aus den außer­uni­ver­si­tä­ren
For­schungs­ein­rich­tun­gen mit gemein­sam beru­fe­nen
Wis­sen­schaft­le­rIn­nen gebe, auf denen die Uni­ver­si­tät
nicht als Affi­lia­ti­on auf­ge­führt sei. Wei­ter­hin sei das Pro­blem
der Rück­fäl­le zu benen­nen. Auch das Ten­ure-
Track-Modell stel­le eine Her­aus­for­de­rung, ins­be­son­de­re
im Bereich der arbeits­ver­trag­li­chen Unter­le­gung und
Aus­ge­stal­tung des jeweils gewähl­ten Beru­fungs­mo­dells,
dar.
III. Model­le gemein­sa­mer Beru­fun­gen
Man­fred Net­te­ko­ven, Kanz­ler der Rhei­nisch-West­fä­li­schen
Tech­ni­schen Hoch­schu­le Aachen (RWTH
Aachen), stell­te in sei­nem Vor­trag die Model­le der
gemein­sa­men Beru­fun­gen vor. Ein­gangs beschrieb er die
zen­tra­le Stra­te­gie der RWTH Aachen, bis zum Jahr 2030
qua­li­ta­ti­ves Wachs­tum zu erzeu­gen. An der RWTH
Aachen wer­de bereits fünf Jah­re vor der Neu­be­set­zung
einer Pro­fes­sur geplant, wel­cher – auch inter­dis­zi­pli­nä­ren
– Struk­tu­ren es bedarf, um die frei wer­den­de Pro­fes­sur
mög­lichst sinn­haft zu beset­zen. Dabei gehe man von
vier Grup­pen von Beru­fun­gen aus: den „Leucht­turm-
Beru­fun­gen“, den „Nach­wuchs-Ten­ure-Beru­fun­gen“,
den „Gemein­sa­men Beru­fun­gen mit außer­uni­ver­si­tä­ren
For­schungs­ein­rich­tun­gen“ und den „Fakul­täts­über­grei­fen­den
Beru­fun­gen ohne Pla­nun­gen“.
Sodann lenk­te Net­te­ko­ven den Blick auf die ein­zel­nen,
von der RWTH Aachen bei der Umset­zung der vor­ste­hen­den
Stra­te­gie ein­ge­setz­ten Beru­fungs­mo­del­le. Zunächst
beschrieb er aus­führ­lich die Struk­tu­ren, Merk­ma­le
und Unter­schie­de des Jüli­cher, Ber­li­ner und Karls­ru­her
Modells.
Aus­schlag­ge­bend für die künf­tig ver­mehr­te Anwen­dung
des soge­nann­ten Aache­ner Modells an der RWTH
Aachen sei auch die Pro­ble­ma­tik der dro­hen­den Umsatz­be­steue­rung
im Ber­li­ner Modell. Das Aache­ner Modell
beru­he auf § 39b Abs. 3 des Hoch­schul­ge­set­zes des
Lan­des Nord­rhein-West­fa­len (HG NRW). Hier­nach
kön­ne die Hoch­schu­le im Rah­men einer gemein­sa­men
Beru­fung die Hoch­schul­leh­re­rIn­nen ohne Bezü­ge beur­lau­ben.
Die Beur­lau­bung kön­ne auch – das unter­schei­de
das Aache­ner vom Jüli­cher Modell – in gerin­ge­rem
Maße als dem vol­len Umfang erfolgen.2 Auch bei der
Teil­be­ur­lau­bung behal­ten die Beru­fe­nen die vol­len uni­ver­si­tä­ren
Rech­te und Pflich­ten. Die Ver­gü­tung erfol­ge
durch die Uni­ver­si­tät ent­spre­chend dem jewei­li­gen Stel­len­um­fang.
Die teil­be­ur­laub­ten Pro­fes­so­rIn­nen wer­den
Pins­dorf · Haben gemein­sa­me Beru­fun­gen Zukunft? 1 3 7
3 OVG Müns­ter, Urteil vom 17.06.2019 – 6 A 1134/17, Rn. 77.
im Umfang der Beur­lau­bung für eine außer­uni­ver­si­tä­re
For­schungs­ein­rich­tung im Rah­men eines pri­vat­recht­li­chen
Arbeits­ver­tra­ges tätig. Die außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung
über­neh­me nicht nur die Ver­gü­tung
für die an ihr geleis­te­te Tätig­keit, son­dern zah­le auch einen
Ver­sor­gungs­zu­schlag. Im Regel­fall stel­le zukünf­tig
eine Beru­fung in Neben­tä­tig­keit oder ver­stärkt nach
dem Aache­ner Modell im Ver­gleich zu einer Beru­fung
im Jüli­cher Modell die bes­se­re Lösung dar, um die Beru­fe­nen
stär­ker an die Uni­ver­si­tät zu bin­den.
Auf­wän­di­ger als im Jüli­cher Modell gestal­te sich eine
gemein­sa­me Beru­fung im Aache­ner Modell aller­dings
hin­sicht­lich der Gewäh­rung der Aus­stat­tung: Dabei
kön­ne sowohl eine eige­ne Aus­stat­tung an der Uni­ver­si­tät
(dem Stel­len­an­teil ent­spre­chend) als auch eine eige­ne
Aus­stat­tung an der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung
ver­ein­bart wer­den. Zwar sei eine Anbin­dung an
bei­de Insti­tu­tio­nen teu­rer, die Hoch­schu­le gewin­ne aber
an Pro­fil.
Net­te­ko­ven äußer­te die Auf­fas­sung, es wer­de auch
wei­ter­hin Beru­fun­gen nach dem Karls­ru­her Modell geben.
Das Karls­ru­her Modell lei­de jedoch an der Schwie­rig­keit,
begrün­den zu kön­nen, dass sich die Lei­tung eines
For­schungs­in­sti­tuts in Neben­tä­tig­keit meis­tern las­se.
Hier bie­te sich zur Lösung des geschil­der­ten Pro­blems
die Ein­füh­rung eines Co-Leis­tungs­mo­dells an. Die
RWTH Aachen wol­le in Zukunft nicht mehr nach dem
in der Pra­xis auf­wän­dig umzu­set­zen­den Ber­li­ner Modell
gemein­sam beru­fen, son­dern auf das Aache­ner Modell
zurück­grei­fen, mit dem man – wie beim Ber­li­ner Modell
– gewähr­leis­ten kön­ne, dass den Beru­fe­nen Rech­te und
Pflich­ten sowohl an der Uni­ver­si­tät als auch an der außer­uni­ver­si­tä­ren
For­schungs­ein­rich­tung ein­ge­räumt
bzw. auf­er­legt wer­den.
IV. Gestal­tung gemein­sa­mer Beru­fungs­ver­fah­ren
(Teil I)
Prof. Dr. Klaus Herr­mann, Fach­an­walt für Ver­wal­tungs­recht
bei Dom­bert Rechts­an­wäl­te, berich­te­te über die
Mühen der Ebe­ne der kom­ple­xen und an man­chen Stel­len
über­kom­ple­xen gemein­sa­men Beru­fun­gen. Er mach­te
klar, dass über­all dort, wo öffent­lich-recht­li­che Dienst­ver­hält­nis­se
begrün­det wer­den, der Dienst­herr ein Aus­wahl­ver­fah­ren
eröff­nen müs­se, das den
Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch der Bewer­ber ver­fah­rens­mä­ßig
absichere.3 Mit­hin sei­en die staat­li­chen
Hoch­schu­len an die Pflicht zur Aus­schrei­bung der zu
ver­ge­ben­den Stel­len und an das Gebot der Besten­aus­le­se
aus Art. 33 Abs. 2 GG gebun­den.
Am Bei­spiel des § 38 Abs. 1 des HG NRW stell­te Herr­mann
anschlie­ßend her­aus, dass die Stel­len für Pro­fes­so­rIn­nen
im Hoch­schul­be­reich regel­mä­ßig öffent­lich aus­zu­schrei­ben
sei­en. Auf die Aus­schrei­bung kön­ne ledig­lich
in den abschlie­ßend gere­gel­ten – von Herr­mann näher
beleuch­te­ten – Aus­nah­me­fäl­len des § 38 Abs. 1 S. 3
Nr. 1 — 5 HG NRW ver­zich­tet wer­den.
Frag­lich sei, ob die Auf­ga­ben, die gemein­sam Beru­fe­ne
neben ihren gesetz­li­chen uni­ver­si­tä­ren Auf­ga­ben an
außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen wahr­neh­men,
ihrer­seits gesetz­lich ver­an­kert wer­den müs­sen.
Ent­spre­chen­de Bemü­hun­gen zu Ver­an­ke­run­gen fin­den
sich nun­mehr in § 50 Abs. 11 des Hoch­schul­ge­set­zes
Rhein­land-Pfalz (Hoch­SchG RP), § 39b HG NRW und
§ 97 Abs. 2 des Ber­li­ner Hoch­schul­ge­set­zes (BerlHG).
Ohne eine gesetz­li­che Ver­an­ke­rung im vor­ge­nann­ten
Sin­ne rei­che ein blo­ßer Hin­weis im Aus­schrei­bungs­text,
dass die Mög­lich­keit bestehe, neben den gesetz­li­chen
Dienst­auf­ga­ben auch Fach- und Füh­rungs­auf­ga­ben an
einer außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung wahr­zu­neh­men,
nicht aus, um Rech­te und Pflich­ten zur
Wahr­neh­mung der Fach- und Füh­rungs­auf­ga­ben zu
begrün­den.
Sodann setz­te sich Herr­mann mit den Vor­aus­set­zun­gen
der Ruf­ent­schei­dung aus­ein­an­der. Es sei zumin­dest
frag­lich, ob die Ernen­nung unter die Bedin­gung gestellt
wer­den dür­fe, dass sich die Bewer­be­rIn­nen und die außer­uni­ver­si­tä­ren
For­schungs­ein­rich­tung einig wer­den.
Es müs­se drin­gend eine gesetz­li­che Rege­lung für die Fol­gen
eines Schei­terns der Beru­fungs­ver­hand­lun­gen der
Bewer­be­rIn­nen mit den außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen
geschaf­fen wer­den.
Pro­ble­ma­tisch sei ins­be­son­de­re die Fra­ge, wie die
Hoch­schu­len und außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen
bei Ent­schei­dun­gen über die Eva­lu­ie­rung
von ledig­lich befris­tet ein­ge­stell­ten Bewer­bern zusam­men­wir­ken,
wenn man beden­ke, dass sich eine Hoch­schu­le
regel­mä­ßig nur schwer ein Bild von den zu Eva­lu­ie­ren­den
machen kön­ne, die fast die gesam­te Befris­tungs­zeit
vor­nehm­lich an der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung
tätig gewor­den sei­en. Ins­ge­samt sei
– vor allem um dem Bewer­bungs­ver­fah­rens­an­spruch
der Bewer­be­rIn­nen auf eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie Ent­schei­dung
gerecht zu wer­den – an der Aus­ge­stal­tung gemein­sa­mer
Beru­fungs­ver­fah­ren man­ches ver­bes­se­rungs­wür­dig
und ‑fähig.
In den Beru­fungs­ver­fah­ren sei ein Ver­gleich der Leis­tun­gen
der Bewer­be­rIn­nen anzu­stel­len, bei dem die in
einem Beru­fungs­ver­fah­ren für eine aus­ge­schrie­be­ne
Pro­fes­sur gel­ten­den Anfor­de­run­gen zu Grun­de zu legen
1 3 8 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 2 ) , 1 3 5 — 1 4 2
4 DFG-Hin­wei­se 10.201 – 4/10.
5 Sog. „dop­pel­te Mehr­heit“ (vgl. Art. 18 Abs. 4 S. 2 BayHSchPG);
vgl. auch BVerfG, Urteil vom 29.05.1973 – 1 BvR 424/71 und
325/72, BVerfGE 35, 79 ff. (Hoch­schul­ur­teil).
6 Vgl. etwa VG Han­no­ver, Beschluss vom 19.06.2003 – 6 B 2398/03
oder HmbOVG, Beschluss vom 09.10.1998 – 1 Bs 214/98.
7 OVG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2007 – 2 B 10825/07, unter
Beru­fung auf Krüger/Leuze in: Geis (Hg.), Hoch­schul­recht in
Bund und Län­dern, Bd. 1, 2000, § 45 HRG Rn. 22.
8 BVerwG, Urteil vom 30.05.1984 – 4 C 58.81; VG Düs­sel­dorf,
Urteil vom 03.12.2015 – 15 K 7734/13.
9 OVG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2007 – 2 E 1024/07; OVG
Greifs­wald, Beschluss vom 21.04.2010 – 2 M 4/10.
10 Vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG.
sei­en. Daher dür­fe auch in gemein­sa­men Beru­fungs­ver­fah­ren
nicht aus­schließ­lich auf die­je­ni­gen Anfor­de­run­gen
abge­stellt wer­den, die für die Lei­tung einer außer­uni­ver­si­tä­ren
For­schungs­ein­rich­tung not­wen­dig sei­en.
Zuneh­mend rücken auch die gemein­sa­men Beru­fungs­kom­mis­sio­nen
in den Fokus der Gerich­te. Fin­de
sich im Lan­des­recht kei­ne dem § 40 Abs. 9 des BbgHG
ent­spre­chen­de Rege­lung bzw. kei­ne Rege­lung, nach der
der Fakul­täts­rat die durch die außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung
bestimm­ten Mit­glie­der der Beru­fungs­kom­mis­si­on
bestä­ti­ge, müs­se die jewei­li­ge Hoch­schu­le
die rich­ti­ge Zusam­men­set­zung der Beru­fungs­kom­mis­sio­nen
sicher­stel­len und etwa die Zuord­nung
exter­ner Mit­glie­der zu den Hoch­schul­grup­pen
beach­ten.
V. Gestal­tung gemein­sa­mer Beru­fun­gen (Teil II)
Prof. Dr. Max-Ema­nu­el Geis, Lehr­stuhl­in­ha­ber an der
Rechts- und Wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät der
Fried­rich-Alex­an­der Uni­ver­si­tät Erlan­gen-Nürn­berg
und Mit­glied des Baye­ri­schen Ver­fas­sungs­ge­richts­hofs,
fokus­sier­te sich auf das Pro­blem­feld der Gestal­tung von
Beru­fungs­ver­fah­ren im Bereich der Zusam­men­set­zung
von Beru­fungs­aus­schüs­sen mit Schwer­punkt auf die
Pro­ble­ma­tik der Befan­gen­heit der Aus­schuss­mit­glie­der.
Geis stell­te zunächst die für die Zusam­men­set­zung
und das Ver­fah­ren von Beru­fungs­aus­schüs­sen anwend­ba­ren
Rechts­quel­len dar. Regel­mä­ßig sei das gemein­sa­me
Beru­fungs­ver­fah­ren ein Ver­wal­tungs­ver­fah­ren. Mit­hin
fin­de das (Landes-)Verwaltungsverfahrensgesetz
(VwVfG) des Sitz­lan­des der ernen­nen­den Hoch­schu­le
Anwen­dung. Die Hin­wei­se der Deut­schen Forschungsgemeinschaft4,
in wel­chen Fäl­len Ent­schei­dun­gen im
Hoch­schul­be­reich wegen Befan­gen­heit anfecht­bar sei­en,
ent­fal­ten kei­ne unmit­tel­ba­re Rechts­wir­kung. Sie sei­en als
Emp­feh­lun­gen zu ver­ste­hen. Die jewei­li­gen Hoch­schul­sat­zun­gen,
ins­be­son­de­re die Beru­fungs­ord­nun­gen, sei­en
aller­dings als ergän­zen­de Rechts­quel­len her­an­zu­zie­hen.
Da es sich bei Beru­fungs­aus­schüs­sen um Aus­schüs­se
gem. § 88 VwVfG han­de­le, fin­de sub­si­di­är das in den
§§ 88 — 93 VwVfG gere­gel­te Recht der Aus­schüs­se Anwen­dung,
soweit Rechts­vor­schrif­ten nichts Abwei­chen­des
bestim­men. Die Lan­des­hoch­schul­ge­set­ze (bzw. im
Rah­men einer Ermäch­ti­gung die Grund­ord­nun­gen)
kön­nen z. B. – auch für gemein­sa­me Beru­fun­gen – abwei­chen­de
Son­der­re­ge­lun­gen hin­sicht­lich der Wahl des
Vor­sit­zen­den, der Beschluss­fä­hig­keit von Berufungsschüssen5
oder des Inhalts der anzu­fer­ti­gen­den Nie­der­schrif­ten
der Ergeb­nis­se von Aus­schuss­sit­zun­gen
vor­se­hen.
Sodann stell­te Geis den abschlie­ßen­den Kata­log der
Grün­de für einen Aus­schluss vom Ver­wal­tungs­ver­fah­ren
kraft Geset­zes gem. § 20 Abs. 1, 5 VwVfG dar. Hier­nach
sei­en ins­be­son­de­re die in § 20 Abs. 5 VwVfG auf­ge­führ­ten
Ange­hö­ri­gen, Geschie­de­ne, Pfle­ge­el­tern und
-kin­der auch im Fall des Erlö­schens der Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis­se
nach einer Adop­ti­on kraft Geset­zes
aus­ge­schlos­sen. Die DFG-Hin­wei­se 10.201 – 4/10 kön­nen
ledig­lich als Aus­le­gungs­hil­fe bei der Ein­schät­zung
der Fra­ge her­an­ge­zo­gen wer­den, ob ein Grund vor­lie­ge,
der geeig­net sei, Miss­trau­en gegen die unpar­tei­ische
Amts­füh­rung zu recht­fer­ti­gen.
Anschlie­ßend mach­te Geis auf zahl­rei­che Ein­zel­fall­ge­stal­tun­gen
auf­merk­sam, in denen unter den beson­de­ren
Umstän­den der jewei­li­gen „Sci­en­ti­fic Com­mu­ni­ty“
ein die Besorg­nis der Befan­gen­heit begrün­den­des (beson­de­res)
Nähe­ver­hält­nis ange­nom­men wer­den kön­ne
bzw. ein sol­ches abzu­leh­nen sei.6 Ins­be­son­de­re die Auf­fas­sung,
nach der ehe­ma­li­ge Betreu­en­de als exter­ne Gut­ach­te­rin­nen
und Gut­ach­ter zuzu­las­sen sei­en, weil sie
ver­tief­te Kennt­nis der Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten
haben,7 sei im Sin­ne der aka­de­mi­schen „Hygie­ne“ ein­deu­tig
abzu­leh­nen.
Wenn der Grund für die Besorg­nis der Befan­gen­heit
im Lau­fe des Beru­fungs­ver­fah­rens wie­der weg­fal­le, spre­che
§ 20 Abs. 4 S. 4 VwVfG dafür, dass ein Aus­schluss für
das gesam­te Ver­fah­ren gel­te, wenn die­ser ein­mal fest­ge­stellt
wor­den sei.8 Ver­mu­te ein Bewer­ber bzw. eine Bewer­be­rin
die Besorg­nis der Befan­gen­heit, rüge dies aber
nicht, so ver­wir­ke der Bewer­ber bzw. die Bewer­be­rin
ent­ge­gen der in der Recht­spre­chung ver­tre­te­nen Auffassung9
sein bzw. ihr Rüge­recht nicht ana­log § 71 Abs. 3
VwVfG. Sei ein Aus­schluss wegen der Besorg­nis einer
Befan­gen­heit nicht erfolgt, füh­re das Tätig­wer­den der
Befan­ge­nen an den Bera­tun­gen und offe­nen Abstim­mun­gen
stets zur Rechts­wid­rig­keit. Eine Hei­lung die­ses
Feh­lers sei ledig­lich durch eine Nach­no­mi­nie­rung, eine
neue Sit­zung und erneu­te Beschluss­fas­sung möglich.10
Sei hin­ge­gen ein Aus­schluss erfolgt, der unbe­grün­det gePins­dorf
· Haben gemein­sa­me Beru­fun­gen Zukunft? 1 3 9
11 Vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BeamtVG.
12 Vgl. § 38 Abs. 9 LBesG BW, § 2 Abs. 4 LBesG Ber­lin, § 35 Abs. 5
BbgBesG, § 78 Abs. 1 S. 7 Hmb­BesG, Art. 13 Abs. 1 S. 4 Bay­BeamtVG;
ohne Rege­lung bis­her z. B. Bre­men und Thü­rin­gen.
13 Zum „klei­nen bzw. gro­ßen erwei­ter­ten Gewähr­leis­tungs­be­scheid“:
vgl. RdErl. d. Finanz­mi­nis­te­ri­ums NRW — B 6028 — 3.4 IV

  • v. 16.11.2012.
    14 Vgl. RdErl. d. Finanz­mi­nis­te­ri­ums NRW — B 6028 — 3.4 IV — v.
    16.11.2012 Anla­ge II (Mus­ter für eine gro­ße erwei­tern­de Gewähr­leis­tungs­ent­schei­dung).
    wesen sei, so füh­re die­ser Aus­schluss nicht zu einer
    Rechts­wid­rig­keit der Ent­schei­dung, da sich kei­ne Beein­träch­ti­gung
    der Objek­ti­vi­tät der ver­blie­be­nen Aus­schuss­mit­glie­der
    und der Ent­schei­dungs­fin­dung fest­stel­len
    las­sen kön­ne.
    VI. Gemein­sa­me Beru­fun­gen – Aus­ge­wähl­te Pro­blem­stel­lun­gen
    der Besol­dung, Ver­gü­tung, Ver­sor­gung
    Dr. Vanes­sa Adam, Rechts­an­wäl­tin und Jus­ti­tia­rin beim
    Deut­schen Hoch­schul­ver­band, lenk­te den Fokus auf
    gemein­sa­me Beru­fun­gen aus Sicht der Rechts­pra­xis.
    Adam begann mit der Ana­ly­se aus­ge­wähl­ter Pra­xis­pro­ble­me
    im Jüli­cher Modell. Die besoldungs‑, versorgungs‑,
    aber auch bei­hil­fe­recht­li­chen Pro­ble­me des Jüli­cher
    Modells ver­deut­lich­te sie anhand der Ver­trags­ver­hält­nis­se
    im Drei­ecks­ver­hält­nis zwi­schen
    – der Hoch­schu­le und den Pro­fes­so­rIn­nen (Beru­fungs­ver­ein­ba­rung),
    – den Pro­fes­so­rIn­nen und der außer­uni­ver­si­tä­ren
    For­schungs­ein­rich­tung (Abschluss eines Ange­stell­ten­ver­tra­ges)
    sowie
    – der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung und
    der Hoch­schu­le (Koope­ra­ti­ons­ver­trag zur gemein­sa­men
    Beru­fung).
    In der Pra­xis zei­ge sich häu­fig ein Aus­ein­an­der­lau­fen
    der Besol­dung in der Beru­fungs­ver­ein­ba­rung und der
    Ver­gü­tung durch die außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung.
    Ide­al sei es daher, bei gemein­sa­men Beru­fun­gen
    gleich­lau­fen­de Ange­bo­te zumin­dest hin­sicht­lich der
    Gesamt­sum­me der Besol­dung bzw. Ver­gü­tung zu
    unter­brei­ten.
    Adam stell­te anschlie­ßend die ver­sor­gungs­recht­li­che
    Situa­ti­on der im Jüli­cher Modell Beru­fe­nen dar: Ruhe­ge­halt­fä­hig
    sei die Zeit der Beur­lau­bung ohne Dienst­be­zü­ge
    nur, wenn unter ande­rem ein Ver­sor­gungs­zu­schlag
    für die Dau­er der Beur­lau­bung gezahlt werde.11 Ein für
    die Ruhe­ge­halt­fä­hig­keit von Leis­tungs­be­zü­gen vor­aus­ge­setz­ter
    Bezug von unbe­fris­te­ten Leis­tungs­be­zü­gen bedarf
    einer Gewäh­rung durch den beam­ten­recht­li­chen
    Dienst­herrn und nicht durch die außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung.
    Die­ses Pro­blem habe inzwi­schen
    eine Viel­zahl von Län­dern erkannt und expli­zit gere­gelt,
    dass von der Hoch­schu­le fest­ge­setz­te Leis­tungs­be­zü­ge
    im Fal­le von gemein­sa­men Beru­fun­gen mit einer außer­uni­ver­si­tä­ren
    For­schungs­ein­rich­tung bei einer Beur­lau­bung
    ohne Dienst­be­zü­ge ruhe­ge­halt­fä­hig sei­en, soweit
    dafür ein ent­spre­chen­der Ver­sor­gungs­zu­schlag ent­rich­tet
    werde.12
    Beur­laub­te Pro­fes­so­rIn­nen sei­en nicht auto­ma­tisch
    allei­ne auf­grund des Bestehens eines Beam­ten­ver­hält­nis­ses
    von der Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht befreit. Eine Befrei­ung
    von der Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht in der Beschäf­ti­gung
    beim außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­in­sti­tut
    kön­ne durch einen Gewähr­leis­tungs­be­scheid sei­tens des
    beur­lau­ben­den Dienst­herrn erwirkt werden.13 Ins­be­son­de­re
    sol­le dar­über nach­ge­dacht wer­den, dem Bei­spiel
    Nord­rhein-West­fa­lens fol­gend, in den „gro­ßen Gewähr­leis­tungs­be­scheid“
    eine Rück­nah­me­er­klä­rung des
    Dienst­herrn mit­auf­zu­neh­men, um eine unab­ge­si­cher­te
    Situa­ti­on für die beur­laub­ten Beam­tIn­nen zu
    vermeiden.14
    Pra­xis­re­le­vant sei im Ber­li­ner Modell ins­be­son­de­re
    die Fra­ge, wie man sicher bewer­ten kön­ne, dass die für
    eine Wei­ter­ge­wäh­rung beson­de­rer Leis­tungs­be­zü­ge vor­aus­ge­setz­ten
    beson­de­ren Leis­tun­gen tat­säch­lich erbracht
    wur­den. Im Ide­al­fall soll­ten daher nicht nur klar­stel­len­de
    Rege­lun­gen im Koope­ra­ti­ons­ver­trag zwi­schen Hoch­schu­le
    und außer­uni­ver­si­tä­rer For­schungs­ein­rich­tung,
    son­dern auch im Sat­zungs­recht der Hoch­schu­le getrof­fen
    wer­den, nach denen dem außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­in­sti­tut
    das Recht der Mit­wir­kung zur Bewer­tung
    der Leis­tun­gen zuge­stan­den wer­de.
    Die Gewäh­rung von Funk­ti­ons­leis­tungs­be­zü­gen sei
    in vie­len Län­dern nicht für die Wahr­neh­mung von
    Funk­tio­nen in außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen
    mög­lich. Die­sem Pro­blem kön­ne durch wei­ter
    gefass­te Rege­lun­gen, wie sie in Hes­sen (§ 5 Abs. 1 S. 2
    Hess­BesG), Ber­lin (§ 3 Abs. 8 S. 5 LBesG Ber­lin) oder
    Sach­sen (§ 36 Abs. 1 Nr. 2 Sächs­BesG) zu fin­den sei­en,
    ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den.
    Das Lan­des­recht for­de­re regel­mä­ßig für die Gewäh­rung
    von For­schungs- und Lehr­zu­la­gen die Ein­wer­bung
    von Mit­teln pri­va­ter Drit­ter für For­schungs­vor­ha­ben der
    Hoch­schu­le, nicht aber für For­schungs­vor­ha­ben außer­halb
    der Hoch­schu­le. Als ide­al zur Lösung die­ses Pro­blems
    stuf­te Adam die in Ber­lin in § 3 Abs. 7 S. 2 LBesG
    1 4 0 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 2 ) , 1 3 5 — 1 4 2
    15 Vgl. aber z. B. § 8 Abs. 1 Nr. 5 Hoch­schul­ne­ben­tä­tig­keits­ver­ord­nung
    Nord­rhein-West­fa­len (HNtV).
    16 Ad-hoc-Arbeits­grup­pe “Gemein­sa­me Beru­fun­gen” des Aus­schus­ses
    der Gemein­sa­men Wis­sen­schafts­kon­fe­renz, Gemein­sa­me
    Beru­fun­gen von lei­ten­den Wis­sen­schaft­le­rin­nen und
    Wis­sen­schaft­lern durch Hoch­schu­len und außer­hoch­schu­li­sche
    For­schungs­ein­rich­tun­gen – Bericht und Emp­feh­lun­gen – Fort­schrei­bung
    – vom 04.02.2014, Heft 37.
    17 BMF-Schrei­ben an das Sekre­ta­ri­at der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz
    vom 26.11.2020, III C 2 – S 7107/19/10005 :015.
    nor­mier­te Aus­nah­me ein.
    Schließ­lich rich­te­te Adam das Augen­merk auf aus­ge­wähl­te
    Pra­xis­pro­ble­me im Karls­ru­her Modell. Das Karls­ru­her
    Modell sto­ße an die Gren­zen des­sen, was das Neben­tä­tig­keit­recht
    der Län­der zulas­se. Pro­ble­ma­tisch sei
    ins­be­son­de­re, dass im Neben­tä­tig­keits­recht die soge­nann­te
    Fünf­tel­ver­mu­tung gel­te. Da die Fünf­tel­ver­mu­tung
    aber eine Regel­ver­mu­tung sei, sei­en sach­lich begrün­de­te
    Aus­nah­men zuläs­sig. Zudem unter­lie­gen die
    Ein­künf­te aus Neben­tä­tig­kei­ten im öffent­li­chen Dienst
    oder im die­sem gleich gestell­ten Dienst regel­mä­ßig einer
    Ablie­fe­rungs­pflicht an den Dienst­herrn, wenn die Ein­künf­te
    eine bestimm­te Höchst­gren­ze über­stei­gen. Im
    Neben­tä­tig­keits­recht sei regel­mä­ßig kei­ne Aus­nah­me
    von der Ablie­fe­rungs­pflicht für Ein­künf­te aus einer Lei­tungs­tä­tig­keit
    an einem außer­or­dent­li­chen For­schungs­in­sti­tut
    normiert.15
    VII. Gemein­sa­me Beru­fun­gen und steu­er­recht­li­che
    Aus­wir­kun­gen
    Chris­ti­ne von Van­ge­row, Vize­prä­si­den­tin für Per­so­nal
    und Recht am Karls­ru­her Insti­tut für Tech­no­lo­gie (KIT),
    beleuch­te­te in ihrem Vor­trag die gemein­sa­men Beru­fun­gen
    vor allem aus dem Blick­win­kel des Umsatz­steu­er­rechts.
    Zunächst stell­te sie unter Bezug­nah­me auf ein
    Schrei­ben des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen (BMF)
    die Defi­ni­ti­on des BMF zum Begriff der gemein­sa­men
    Beru­fun­gen dar. Die­se Defi­ni­ti­on unter­schei­de sich signi­fi­kant
    von der Sicht­wei­se der Gemein­sa­men Wis­sen­schafts­kon­fe­renz.
    16 Die unter­schied­li­chen Blick­win­kel
    des BMF und der Gemein­sa­men Wis­sen­schafts­kon­fe­renz
    auf gemein­sa­me Beru­fun­gen bie­ten Anlass zu einer
    unter­schied­li­chen steu­er­recht­li­chen Bewer­tung.
    Die Finanz­äm­ter neh­men vor allem bei gemein­sa­men
    Beru­fun­gen im Ber­li­ner Modell eine Umsatz­steu­er­pflicht
    an. Das Steu­er­recht streue zuneh­mend Sand in
    das Getrie­be einer Ver­zah­nung der Wis­sen­schafts­sys­te­me.
    Es sei daher sehr her­aus­for­dernd für die For­schungs­part­ner,
    die Risi­ken gemein­sa­mer Beru­fun­gen zu erken­nen
    und die Ver­trä­ge rechts­si­cher zu gestal­ten.
    Nach der aktu­el­len Rechts­la­ge sei­en Uni­ver­si­tä­ten als
    juris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts steu­er­pflich­tig,
    wenn sie unter­neh­me­risch tätig sei­en. Eine juris­ti­sche
    Per­son des öffent­li­chen Rechts sei grund­sätz­lich
    als Unter­neh­mer anzu­se­hen, wenn sie selb­stän­dig
    eine nach­hal­ti­ge Tätig­keit zur Erzie­lung von Ein­nah­men
    (wirt­schaft­li­che Tätig­keit) oder die­se Tätig­keit im Rah­men
    eines Betrie­bes gewerb­li­cher Art (BgA) aus­übe. Sei
    die außer­uni­ver­si­tä­re For­schungs­ein­rich­tung, bei der
    das Per­so­nal ein­ge­setzt wer­de, pri­vat­recht­lich orga­ni­siert,
    so müs­se es – anders als im Ein­zel­fall bei einer öffent­lich-
    recht­lich orga­ni­sier­ten außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung
    – als irrele­vant betrach­tet wer­den,
    in wel­chem Bereich das Per­so­nal ein­ge­setzt wer­de: Es
    lie­ge stets ein umsatz­steu­er­recht­lich rele­van­ter Leis­tungs­aus­tausch
    vor. Mit Ablauf der bis zum 31.12.2022
    gel­ten­den Über­gangs­frist bewir­ke der ab dem 01.01.2023
    anzu­wen­den­de § 2b UStG aller­dings eine deut­li­che Ver­än­de­rung
    der umsatz­steu­er­recht­li­chen Situa­ti­on.
    Die im Jüli­cher Modell an die Uni­ver­si­tä­ten zu zah­len­den
    Ver­sor­gungs­zu­schlä­ge sei­en von den Betriebs­prü­fern
    als ein umsatz­steu­er­ba­rer und umsatz­steu­er­pflich­ti­ger
    Leis­tungs­aus­tausch zwi­schen der Hoch­schu­le
    und der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung qua­li­fi­ziert
    wor­den. Das BMF habe im Jahr 2020 einen Lösungs­an­satz
    skizziert,17 nach dem der gezahl­te Ver­sor­gungs­zu­schlag
    dann eine Leis­tung der außer­uni­ver­si­tä­ren
    For­schungs­ein­rich­tun­gen an die gemein­sam Beru­fe­nen
    sei, mit­hin nicht als umsatz­steu­er­recht­lich rele­van­te
    Zah­lung an die Hoch­schu­le oder das Land zu bewer­ten
    sei, wenn sich ins­be­son­de­re im Arbeits­ver­trag der Beru­fe­nen
    mit der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung
    die Ver­ein­ba­rung fin­de, das Gehalt der Beru­fe­nen
    „zuzüg­lich des Ver­sor­gungs­zu­schla­ges zu bezah­len“.
    Anschlie­ßend wid­me­te sich von Van­ge­row der Fra­ge
    der Umsatz­steu­er­pflicht von Uni­ver­si­tä­ten, wenn die gemein­sa­men
    Beru­fun­gen nach dem Ber­li­ner Modell aus­ge­stal­tet
    sind. Ein­ge­hend stell­te sie zunächst die Argu­men­te
    der Alli­anz der Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen vor.
    In sei­nem Ant­wort­schrei­ben habe sich das BMF mit die­sen
    Argu­men­ten detail­liert aus­ein­an­der­ge­setzt, die­se
    aber als unbe­acht­lich qua­li­fi­ziert. Im Ergeb­nis lie­ge im
    Fall der Gestel­lung von Hoch­schul­leh­re­rInn­nen gegen
    eine Per­so­nal­kos­ten­er­stat­tung eine Unter­neh­mer­ei­gen­schaft
    vor, da ein Leis­tungs­aus­tausch gegen Ent­gelt statt­fin­de.
    Das BMF habe dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es mit der
    Anwen­dung des § 2b UStG nicht mehr dar­auf ankom­me,
    ob die Per­so­nal­ge­stel­lung im Rah­men eines Betrie­bes
    gewerb­li­cher Art erfol­ge und daher emp­foh­len, ein gePins­dorf
    · Haben gemein­sa­me Beru­fun­gen Zukunft? 1 4 1
    mein­sa­mes Beru­fungs­mo­dell zu wäh­len, das sich steu­er­recht­lich
    nicht aus­wir­ke.
    Im Ein­zel­fall müs­se auf­grund der dar­ge­stell­ten steu­er­recht­li­chen
    Situa­ti­on stets eru­iert wer­den, wie durch
    eine gemein­sa­me Beru­fung ein Mehr­wert gene­riert wer­den
    kön­ne, ohne recht­li­chen Unsi­cher­hei­ten aus­ge­setzt
    zu sein. Mög­li­cher­wei­se sei ein Weg ein­zu­schla­gen, bei
    dem wis­sen­schaft­li­che Koope­ra­ti­on ver­stärkt über die
    Ein­rich­tung von außer­plan­mä­ßi­gen Pro­fes­su­ren
    statt­fin­de.
    VIII. Gemein­sa­me Beru­fun­gen – Vom Titu­lar-Instru­ment
    zum stra­te­gisch-inhalt­li­chen Kon­nek­tiv
    Prof. Dr.-Ing. Wolf­gang Mar­quardt, Vor­stands­vor­sit­zen­der
    des For­schungs­zen­trums Jülich sowie Vize-Prä­si­dent
    und Koor­di­na­tor des For­schungs­be­reichs Infor­ma­ti­on
    der Helm­holtz Gemein­schaft, stell­te im letz­ten Vor­trag
    der Tagung die Per­spek­ti­ven gemein­sa­mer Beru­fun­gen
    dar.
    Aus wis­sen­schafts­po­li­ti­scher Sicht gel­te es als gemein­sa­mes
    Ziel, der Frag­men­tie­rung des föde­ra­len Wis­sen­schafts­sys­tems
    ent­ge­gen­zu­wir­ken und die Vor­tei­le
    sowohl der uni­ver­si­tä­ren als auch der außer­uni­ver­si­tä­ren
    Sphä­re pro­duk­tiv und syn­er­ge­tisch zu ver­ei­nen. Gemein­sa­me
    Beru­fun­gen bün­deln das Bes­te aus bei­den
    funk­tio­na­len Sphä­ren in per­so­nen­be­zo­ge­ner Koope­ra­ti­on,
    um inter­na­tio­nal kon­kur­renz­fä­hi­ge Vor­aus­set­zun­gen
    für Spit­zen­for­schung zu schaf­fen und nicht zuletzt
    attrak­ti­ve Ent­wick­lungs- und Kar­rie­re­per­spek­ti­ven für
    Nach­wuchs­wis­sen­schaft­le­rIn­nen zu gewähr­leis­ten.
    Wesent­lich sei­en vor allem die Fra­gen,
    – ob gemein­sa­me Beru­fun­gen tat­säch­lich ein ziel­füh­ren­des
    Instru­ment zur Stär­kung der Koope­ra­ti­on
    zwi­schen den außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tun­gen
    und den Uni­ver­si­tä­ten sei­en oder ledig­lich
    als Vehi­kel genutzt wer­den, um den außer­uni­ver­si­tä­ren
    For­schungs­ein­rich­tun­gen einen Zugang
    zu den Funk­tio­na­li­tä­ten einer Pro­fes­sur zu ver­schaf­fen,
    – auf wel­chem Hier­ar­chie- bzw. Kar­rie­reni­veau
    gemein­sa­me Beru­fun­gen sinn­voll und ziel­füh­rend
    sei­en, ins­be­son­de­re mit Blick auf die unter­schied­li­chen
    Ziel­bil­der der Stu­fen der W‑Besoldung, und
    – mit wel­chen Rah­men­be­din­gun­gen und Erfolgs­fak­to­ren
    sich gemein­sa­me Beru­fun­gen vom Titu­larzum
    wirk­sa­men Koope­ra­ti­ons­in­stru­ment ent­wi­ckeln
    las­sen.
    Aus der Per­spek­ti­ve der Wis­sen­schafts­po­li­tik müs­se
    eine aus­ge­wo­ge­ne Inter­es­sen­ba­lan­ce zwi­schen den Inter­es­sen
    der Uni­ver­si­tä­ten und der außer­uni­ver­si­tä­ren
    For­schungs­ein­rich­tun­gen her­ge­stellt wer­den. Der Wis­sen­schafts­rat
    habe daher im Jahr 2013 die Emp­feh­lun­gen
    und Leit­be­din­gun­gen für gemein­sa­me Beru­fun­gen zur
    För­de­rung viel­fäl­ti­ger part­ner­schaft­li­cher Koope­ra­tio­nen
    ent­wi­ckelt. In die­sen schla­ge er vor, gemein­sa­me Beru­fun­gen
    als „Dop­pel­be­ru­fun­gen“ auszugestalten.18
    Leit­be­din­gung für Dop­pel­be­ru­fun­gen sei vor allem eine
    ech­te Dop­pel­zu­ge­hö­rig­keit der beru­fe­nen Per­son zu bei­den
    Ein­rich­tun­gen, inklu­si­ve aller damit ein­her­ge­hen­den
    Rech­te und Pflich­ten. Wei­te­re Leit­be­din­gun­gen sei­en
    die Gewäh­rung einer den spe­zi­fi­schen Auf­ga­ben ange­mes­se­nen
    insti­tu­tio­nel­len Aus­stat­tung an bei­den Ein­rich­tun­gen
    sowie nicht zuletzt eine Zurech­nung der
    erbrach­ten Leis­tun­gen auf die Ein­rich­tun­gen, an denen
    sie tat­säch­lich erbracht wer­den.
    Bei der Umset­zung der Emp­feh­lun­gen des Wis­sen­schafts­rats
    zur Her­stel­lung der Inter­es­sen­ba­lan­ce müs­se
    dar­auf geach­tet wer­den, einen brei­ten Auf­la­ge­punkt
    durch die Ver­stän­di­gung auf ver­bind­li­che Rah­men­be­din­gun­gen
    zu schaf­fen. Beson­ders geeig­net, die anvi­sier­te
    Balan­ce her­bei­zu­füh­ren, sei­en die hybri­den Model­le
    gemein­sa­mer Beru­fun­gen (hybri­des Ber­li­ner Modell in
    Gestalt eines Tei­l­erstat­tungs­mo­dells, Aache­ner Modell
    als Teil­be­ur­lau­bungs­mo­dell und Karls­ru­her Modell als
    Neben­tä­tig­keits­mo­dell). Attrak­tiv bei den hybri­den Model­len
    sei ins­be­son­de­re der Umstand, dass auf bei­den
    Sei­ten eine Aus­stat­tung vor­han­den sei. Viel­ver­spre­chend
    sei vor allem das Aache­ner Modell nach § 39b HG NRW
    (Teil­be­ur­lau­bungs­mo­dell), des­sen Wirk­sam­keit es aus­zu­tes­ten
    gel­te, bevor in eine Dis­kus­si­on über neue Model­le
    gemein­sa­mer Beru­fun­gen ein­ge­stie­gen wer­de.
    Neu­er Model­le bedür­fe es daher nicht.
    Da man sich für die rich­ti­ge Umset­zung einer erfolg­rei­chen
    gemein­sa­men Beru­fung mit dem Ziel, die „bes­ten
    Köp­fe gemein­sam zu gewin­nen und zu hal­ten“, der
    unter­schied­li­chen Aus­ge­stal­tung der „W‑Stufen“ in der
    W‑Besoldung bewusst wer­den müs­se, gab Mar­quardt einen
    detail­lier­ten Über­blick über die Ziel­bil­der sowie die
    stra­te­gi­sche Bedeu­tung der drei „W‑Stufen“. Im Ergeb­nis
    sei­en vor allem W3-Pro­fes­su­ren pro­fil­bil­dend und von
    höchs­ter stra­te­gi­scher Bedeu­tung. Vor allem die­se Beru­fun­gen
    schaf­fen den Wert für eine Pro­fi­lie­rung nicht nur
    der Uni­ver­si­tät und der außer­uni­ver­si­tä­ren For­schungs­ein­rich­tung,
    son­dern auch des jewei­li­gen regio­na­len
    Stand­orts. Bei der gemein­sa­men Beru­fung der „Top-
    18 Vgl. Wis­sen­schafts­rat, Per­spek­ti­ven des deut­schen Wis­sen­schafts­sys­tems,
    Drs. 3228 – 13, S. 15, Braun­schweig, 12.07.2013.
    1 4 2 O R D N U N G D E R WI S S E N S C H A F T 2 ( 2 0 2 2 ) , 1 3 5 — 1 4 2
    Wis­sen­schaft­le­rIn­nen“ sah Mar­quardt die hybri­den
    (Teilbeurlaubungs-)Modelle als Mit­tel der Wahl an. Bei
    den gemein­sa­men Beru­fun­gen auf W2-Pro­fess­su­ren ver­blei­be
    aller­dings wenig Raum für die Anwen­dung der
    hybri­den Model­le. Hier sei eher das „klas­si­sche Jüli­cher
    Modell“ geeig­net. Auch bei den W1-Beru­fun­gen, deren
    stra­te­gi­sche Bedeu­tung nicht unter­schätzt wer­den dür­fe,
    erkann­te er kei­nen Raum für die Eta­blie­rung der hybri­den
    Model­le.
    Mar­quardt mach­te eine Viel­zahl von Vor­tei­len hybri­der
    (Teilbeurlaubungs-)Modelle bei gemein­sa­men Ten­ure-
    Track-Beru­fun­gen aus: Hier­durch kön­ne man nicht
    nur eine ech­te Alter­na­ti­ve zu „up or out“ eta­blie­ren, son­dern
    vor allem auch Fle­xi­bi­li­tät für die Beru­fe­nen und
    die beru­fen­den Insti­tu­tio­nen schaf­fen, indem auf den
    mög­li­cher­wei­se geän­der­ten Bedarf der Uni­ver­si­tät und
    der Beru­fe­nen ein­ge­gan­gen wer­den kön­ne.
    Eine Viel­falt an Beru­fungs­mo­del­len sei grund­sätz­lich
    funk­tio­nal, auch wenn nicht alle Model­le glei­cher­ma­ßen
    not­wen­dig sein mögen. Die der­zeit ange­wand­ten Model­le
    müs­sen daher von Wis­sen­schaft und Poli­tik wei­ter erprobt
    und fort­ent­wi­ckelt wer­den. In die­sem Ent­wick­lungs­pro­zess
    ver­spre­chen ins­be­son­de­re die hybri­den
    (Teilbeurlaubungs-)Modelle, mit deren Anwen­dung jedoch
    wei­te­re Erfah­run­gen gewon­nen wer­den müs­sen,
    ein Agie­ren der Part­ner auf Augen­hö­he und das Errei­chen
    eines Inter­es­sen­aus­gleichs.
    Chris­toph Pins­dorf ist bei der Gene­ral­zoll­di­rek­ti­on im
    Geschäfts­be­reich des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen
    und beim Deut­schen Hoch­schul­ver­band als wis­sen­schaft­li­cher
    Mit­ar­bei­ter tätig.